"Republique en Marche" liegt mit 32 Prozent der Stimmen deutlich vor den Konservativen.
Der neue französische Präsident Emmanuel Macron hat die erste Runde der Parlamentswahl souverän gewonnen. Nach Hochrechnungen vom Sonntag kommt sein sozialliberales Lager auf gut 32 Prozent und nimmt Kurs auf seine erdrückende absolute Mehrheit. Ein Debakel erlebten die ehemals regierenden Sozialisten, auch das bürgerliche Lager brach ein. Die Beteiligung sank auf einen neuen Tiefstand.
Prognosen zufolge kann Macrons Bewegung La Republique en Marche (Die Republik in Bewegung) nach der Stichwahl am kommenden Sonntag mit einer absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung rechnen. Demnach käme La Republique en Marche zusammen mit der verbündeten Zentrumspartei MoDem auf 390 bis 445 Sitze, insgesamt werden 577 Abgeordnete gewählt. Das würde dem seit rund einem Monat amtierenden Staatschef helfen, umstrittene Reformvorhaben wie die Arbeitsrechtsnovelle durchzusetzen.
Mit der Wahl steht das französische Parteiensystem vor dem Umbruch: Die ehemals regierenden Sozialisten erleiden erdrutschartige Verluste und kommen in der ersten Runde nur noch auf rund neun Prozent der Stimmen. Die bisher stärkste Fraktion in der Nationalversammlung wird künftig nur noch 20 bis 35 Mandatare stellen. Sozialisten-Chef Jean-Christophe Cambadelis sprach von "beispiellosen Verlusten der gesamten Linken, und insbesondere der Sozialistischen Partei". Er warnte, dass es künftig ein Parlament "ohne echte Kontrollmacht und ohne echte demokratische Debatte" geben werde.
+++ Macron-Lager sieht "stabile und dauerhafte Mehrheit" +++
Auch das bürgerliche Lager wird mit rund 21 Prozent deklassiert und dürfte nur 85 bis 125 Mandate erhalten. Die Konservativen müssen ihre Hoffnung begraben, Macron einen eigenen Premierminister aufzwingen zu können. Immerhin kontrollieren sie noch die zweite Parlamentskammer, den Senat, der aber Gesetzesprojekte nicht endlos blockieren kann.
Bittere Niederlage für Le Pen
Die rechtspopulistische Front National unter Marine Le Pen kommt auf bis zu 14 Prozent (drei bis zehn Mandate), die Bewegung Das unbeugsame Frankreich des Linkspolitikers Jean-Luc Melenchon auf elf Prozent (elf bis 21 Mandate). Le Pen und Melenchon waren gegen Macron in der Präsidentschaftswahl unterlegen. Die Front National äußerte sich "enttäuscht" über ihr Ergebnis.
+++ Le Pen zieht in zweite Runde ein +++
Macrons erst vor gut einem Jahr gegründete Bewegung La Republique en Marche trat erstmals zu einer Parlamentswahl an. Unter ihren Kandidaten sind zahlreiche Vertreter der Zivilgesellschaft und Polit-Neulinge.
In den meisten der 577 Wahlkreise dürfte die Entscheidung erst in Stichwahlen am kommenden Sonntag fallen. Um bereits im ersten Wahlgang gewählt zu werden, braucht ein Kandidat nämlich die absolute Mehrheit, was nur die wenigsten schaffen. Für die Stichwahl qualifizierten sich alle Kandidaten, die mehr als 12,5 Prozent der Stimmen erhalten haben. In der zweiten Wahlrunde, die kommenden Sonntag stattfindet, reicht schon die einfache Mehrheit zum Sieg.
Geringe Wahlbeteiligung
Als negativ werten Beobachter, dass die Parlamentswahl nur sehr wenige Bürger mobilisiert hat. Laut Meinungsforschern ging nur rund jeder zweite Wähler zu den Urnen. Das wäre der niedrigste Stand seit Gründung der Fünften Republik vor knapp 60 Jahren. Bis Sonntagnachmittag um 17 Uhr hatten knapp 41 Prozent der Wähler ihre Stimme abgegeben, wie das Innenministerium in Paris mitteilte. Vor fünf Jahren waren es noch rund sieben Prozentpunkte mehr gewesen.
Aufgerufen zu der Wahl waren 47 Millionen Franzosen. Die Abstimmung fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt, rund 50.000 Polizisten waren im Einsatz. Bei islamistischen Anschlägen wurden seit 2015 insgesamt 239 Menschen getötet. In dem Land herrscht weiter der Ausnahmezustand.