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Italien

Neuwahl: Salvini muss zurückrudern

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Doch keine Neuwahlen? Italien schmettert Salvini-Vorstoß ab.

Der Erfolgslauf des italienischen Rechtspopulistenchefs Matteo Salvini ist vorerst gestoppt. Nachdem er als Juniorpartner die Regierung vor sich hergetrieben hatte, ganz Europa mit seiner harten Migrationspolitik in Atem hielt und im Mai bei der Europawahl einen Sensationserfolg verbuchte, erlitt er mit seinem ungestümen Neuwahlplan Schiffbruch.
 

Plan auf Eis gelegt

Nachdem der Senat am Dienstagabend die Forderung Salvinis nach einem raschen Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Giuseppe Conte ablehnte, musste der Lega-Chef zurückrudern. Er hat seinen Plan, sich angesichts guter Umfragewerte aus der schwierigen Koalitionsehe mit der Fünf-Sterne-Bewegung zu befreien und nach Neuwahlen zum Regierungschef aufzusteigen, vorerst aufs Eis gelegt.
 
Eine kompakte Front aus den oppositionellen Sozialdemokraten und der Fünf Sterne-Bewegung stemmt sich nämlich gegen vorgezogene Parlamentswahlen mit der Begründung, Italien brauche eine funktionsfähige Regierung, die den Budgetentwurf für 2020 unter Dach und Fach bringe. Die beiden Parteien haben auch ein massentaugliches Argument, nämlich die ohne Budgetbeschluss drohende Mehrwertsteuererhöhung von 22 auf 25 Prozent. Dies hatte die Regierung heuer verhindert, doch fehlen dadurch 23 Milliarden Euro an Steuereinnahmen, die an anderer Stelle aufgetreiben werden müssen.
 
 
Video zum Thema: Italien: Noch kein Ausweg aus der Krise
 

Wird Koalition fortgesetzt?

Salvini könnte von Sozialdemokraten und Fünf-Sterne-Bewegung, die gemeinsam eine Parlamentsmehrheit haben, ausgebootet werden. Um diese Gefahr abzuwenden, machte Salvini am Dienstag überraschend einen Schritt auf die Fünf-Sterne-Bewegung zu und sprach sich für die noch ausstehende Abstimmung über eine Reduzierung der Parlamentarierzahl aus. Die Verkleinerung des Parlaments und die Kürzung von 345 Parlamentariersitzen ist seit jeher ein Hauptanliegen der Fünf-Sterne-Bewegung, die sich für ein effizienteres parlamentarisches System in Italien einsetzt. Am Donnerstag kommender Woche soll der Gesetzesentwurf zur letzten Lesung in die Abgeordnetenkammer kommen. Was danach geschieht ist noch unklar.
 
Verfassungsrechtler behaupten, dass die Parlamentsreform von den Italienern per Referendum abgesegnet werden muss, was einige Monate beanspruchen würde. Neuwahlen im Oktober wären damit endgültig vom Tisch. Damit gilt es als durchaus möglich, dass Lega und Fünf-Sterne-Bewegung ihre Regierungsarbeit fortsetzen müssen.
 
Hinter Salvinis Entscheidung, die Parlamentsreform durchzusetzen und somit die Regierung weiter am Leben zu halten, könnten auch andere Überlegungen stecken. Die Ankündigung des Innenministers, Premier Giuseppe Conte stürzen zu wollen, ist bei den Lega-Anhängern nicht so gut angekommen wie sich Salvini erwartet hatte. Auf seiner Facebook-Seite wurde der Innenminister mit Kommentaren wütender Lega-Anhänger überflutet, die ihn wegen des Bruchs mit dem Koalitionspartner Fünf Sterne scharf attackierten und ihm "Verrat" vorwarfen.
 
Salvini hatte die Regierung am Donnerstag in die Krise gestürzt und dafür ein Votum der Fünf-Sterne-Bewegung gegen ein von der Lega unterstütztes Bahnprojekt zum Anlass genommen. Der Rechtspopulist machte klar, dass er für das Regierungsbündnis keine Zukunft mehr sehe und die Italiener schnellstmöglich wählen lassen wolle. Salvinis Ziel ist es, nach einem Wahlsieg eine Regierung mit dem langjährigen Bündnispartner Forza Italia zu bilden. Das Zusammenleben zwischen Salvinis Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung war in den letzten Monaten turbulent. Salvini beklagte sich wiederholt, dass der Koalitionspartner all seine Vorhaben stoppe.
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