Experten berichten von Hacker-Attacken auf Demonstranten.
Die Proteste in Hongkong haben am Mittwoch die Feiern zum chinesischen Nationalfeiertag überschattet. Tausende Demonstranten trotzen in der Nacht zum Mittwoch dem heftigen Regen in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Die Demonstrationen weiteten sich auf das populäre Einkaufsviertel Tsim Sha Tsui auf der Halbinsel Kowloon aus, das auch bei Touristen sehr beliebt ist.
Am Nationaltag werden wieder Zehntausende auf den Straßen erwartet, um mehr Demokratie in der früheren britischen Kronkolonie zu fordern. Mit einem Schweigeprotest begleiteten die Demonstranten die morgendliche traditionelle Flaggenzeremonie, während Regierungschef Leung Chun-ying und Ehrengäste bei einem offiziellen Empfang mit Sektgläsern auf den Feiertag anstießen. Demonstrativ wandten Studentenführer Joshua Wong und andere Aktivisten der Zeremonie den Rücken zu, als die Flaggen Chinas und Hongkongs gehisst wurden. Die Demonstranten hielten schweigend die Hände über Kopf gekreuzt.
Ultimatum
Die Studenten haben der Regierung ein Ultimatum bis Donnerstag gestellt, um ihre Forderungen nach dem Rücktritt des Regierungschefs und einer Rücknahme der Pläne für eine nur begrenzte Wahlreform zu erfüllen. Ansonsten drohen sie damit, ihre Proteste noch auszuweiten, zu einem Arbeiterstreik aufzurufen oder ihre Aktionen zu verschärfen, indem sie ein Regierungsgebäude besetzen.
Bei der Zeremonie verteidigte Regierungschef Leung den Beschluss des Volkskongresses in Peking für direkte Wahlen 2017 in Hongkong, bei denen die Kandidaten für das Amt des Regierungschefs aber nicht frei nominiert werden dürfen. "Allgemeine Wahlen abzuhalten ist besser als überhaupt keine allgemeinen Wahlen zu haben", sagte Leung. "Wohlstand und Stabilität in Hongkong in der Zukunft zu wahren, ist ein wichtiger Teil des 'Chinesischen Traumes'", sagte Leung unter Hinweis auf die Leitideologie von Staats- und Parteichefs Xi Jinping.
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon rief zur Zurückhaltung auf. Die Proteste seien eine innere Angelegenheit, doch dränge er alle Verantwortlichen, "Differenzen auf eine Weise zu lösen, die friedlich ist und demokratische Grundsätze wahrt", sagte ein UN-Sprecher laut US-Medien. Seit der Rückgabe 1997 an China wird die ehemalige britische Kronkolonie nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" als eigenes Territorium autonom regiert. Auch genießt die asiatische Hafenmetropole Presse- und Meinungsfreiheit.
Treffen mit Kerry
Die Krise in Hongkong dürfte am Mittwoch auch bei einer Unterredung zwischen US-Außenminister John Kerry und seinem chinesischen Kollegen Wang Yi zur Sprache kommen. Das Gespräch sei bereits vor Beginn der Proteste am Sonntag vereinbart worden, doch werde über sie sicherlich auch gesprochen, sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki.
Die Proteste waren über Nacht weiter friedlich verlaufen, während sich die Polizei zurückhielt, um Konfrontationen wie in der Nacht zum Montag zu verhindern. Heftiger Regen dünnte die Scharen etwas aus. Tausende blockierten aber am Morgen weiter wichtige Straßen in Stadtteilen wie Admiralty und Wan Chai am Finanzbezirk in Central und in Kowloon neben Mong Kok jetzt auch Tsim Sha Tsui. Das Feuerwerk zum Nationaltag, den die sieben Millionen Hongkonger mit zwei arbeitsfreien Tagen begehen, wurde abgesagt.
Hacker-Attacken
Die chinesische Zensur unternahm weiter große Anstrengungen, um die Verbreitung von Nachrichten aus Hongkong in der Volksrepublik zu unterbinden. Der Satellitenempfang des amerikanischen Senders CNN und der britischen BBC wurde gestört, wenn Berichte zu Hongkong kamen. Erstmals wurde am Mittwoch auch die Webseite der englischsprachigen Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" geblockt. In Chinas sozialen Medien werden massenhaft Kommentare zu Hongkong gelöscht. Twitter, Facebook oder Youtube sind in China ohnehin immer gesperrt.
In Hongkong selbst mache ein Trojaner mit dem Namen "Xsser" die Runde, der gegen Handys und Tablet-Computer mit dem Apple -Betriebssystem iOS gerichtet sei, berichtete das Sicherheitsunternehmen Lacoon Mobile Security am Dienstag. Die Angreifer seien mit dem Programm in der Lage, Daten wie SMS, Fotos und Passwörter zu stehlen.