Nach 48 Jahren

Syrien hebt Ausnahmezustand auf

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Damit kommt Präsident Assad einer zentralen Forderung der Demonstranten nach.

Nach wochenlangen Protesten gegen das autoritäre System hat die syrische Regierung am Dienstag beschlossen, den seit 48 Jahren geltenden Ausnahmezustand wie angekündigt aufzuheben und den gefürchteten Staatssicherheitsgerichtshof aufzulösen.

Assad stellte Gesetzesreformen in Aussicht
Die entsprechenden Gesetzesvorlagen müssen noch vom Parlament gebilligt werden. Präsident Bashar al-Assad hat neue Demonstrations-, Medien- und Parteiengesetze in Aussicht gestellt, während der Sicherheitsapparat oppositionelle Regungen weiterhin massiv unterdrückt.

Die Aufhebung des Ausnahmezustands, der seit der Machtübernahme der regierenden Baath-Partei im Jahr 1963 ununterbrochen Geltung hat, war die zentrale Forderung der Demonstranten, die seit Wochen in mehreren Städten des Landes auf die Straße gehen. Bei den Protesten sind nach Schätzungen von Menschenrechtsaktivisten zwischen 200 und 250 Menschen ums Leben gekommen.

Demonstranten weiterhin gefährdet
Während das staatliche Fernsehen meldete, "friedliche" Demonstrationen seien erlaubt, kündigte das Innenministerium in Damaskus ein scharfes Vorgehen gegen weitere oppositionelle Kundgebungen an. Angesichts der jüngsten Vorkommnisse seien alle Bürger dazu verpflichtet, "wirksam zum Schutz der Sicherheit und Stabilität" des Landes beizutragen, mit den legalen Behörden zusammenzuarbeiten und von der Teilnahme an jeglicher Demonstration "unter welchem Motto auch immer" Abstand zu nehmen, hieß es in einer Verlautbarung des Ministeriums.

Anti-Terror-Gesetz
Dem Vernehmen nach soll an die Stelle der bisherigen Bestimmungen des Ausnahmezustands ein neues Anti-Terror-Gesetz treten. Es würde nach Befürchtungen von Demokratieaktivisten ähnlich autoritäre Vollmachten für den Sicherheitsapparat vorsehen wie die aus dem Ausnahmezustand abgeleiteten Gesetze und Präsidentendekrete. Auf deren Grundlage können Bürger willkürlich verhaftet und vor Staatssicherheitsgerichte gestellt werden, vor denen sie nur eingeschränkten Rechtsschutz genießen. Auch Folter und Misshandlung in der Haft und im Gewahrsam des Geheimdienstes bleiben ungeahndet.

Innenministerium bezeichent Demos als Terror
Das Innenministerium bezeichnete die wochenlangen Bürgerproteste als "bewaffneten Aufstand" extremistischer religiöser Kräfte. "Die terroristischen Aktivitäten dieser Gruppen werden nicht geduldet", hieß es in der Mitteilung. Ein Brigadegeneral, seine beiden Söhne, sein Neffe sowie zwei weitere Offiziere seien in Homs von "bewaffneten Banden" umgebracht worden, teilte die staatliche Nachrichtenagantur SANA am Dienstag mit. Ein Oppositioneller sagte dagegen, der General sei von den Sicherheitskräften hingerichtet worden, weil er sich dem Befehl widersetzt habe, auf friedliche Demonstranten zu schießen.

Die Behauptung des Regimes, extremistische Kräfte stünden hinter den Protesten, soll nach Befürchtung der Demokratieaktivisten als Vorwand dafür dienen, dass die Sicherheitskräfte noch brutaler gegen Demonstrationen vorgehen werden.

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