Montreux

Syrien-Konferenz: Streit um Assads Zukunft

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Syrischer Außenminister: Assads Präsidentschaft ist "unantastbar".

Zum Auftakt der Syrien-Friedenskonferenz gibt es Streit über die politische Zukunft von Staatschef Bashar al-Assad - eine Frage, die das Treffen zum scheitern bringen könnte. US-Außenminister John Kerry betonte am Mittwoch in Montreux, dass in einer Übergangsregierung kein Platz für Assad sei. Russland mahnte dagegen, das Ausland dürfe sich nicht in die inneren Angelegenheiten Syriens einmischen.

Syrien-Konferenz: Streit um Assads Zukunft
© afp, Walid Muallem

(c) Afp, Walid Muallem - Assads Aussenminister.

Heftige Attacken gab es zum Auftakt der Gespräche zwischen Vertreter des syrischen Regimes und der Opposition. Assads Außenminister Walid al-Mualem verbat sich jegliche Einmischung und warnte vor einem Übergreifen des Konflikts auf die gesamte Region. "Wenn man im Namen des syrischen Volkes sprechen will, darf man nicht Verräter am syrischen Volk sein", sagte Muallim.

Den internationalen Unterstützern der Opposition warf er bei der Konferenz am Genfer See vor, "Blut an den Händen" zu haben. Sie wollten "Syrien destabilisieren". Der syrische Außenminister hielt sich trotz einer Ermahnung von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon nicht an die vorgeschriebene Redezeit. Er sprach statt 10 Minuten mehr als 20 Minuten lang und sagte: "Nach drei Jahren des Leidens ist das mein gutes Recht."
 

Syrien-Konferenz: Streit um Assads Zukunft
© afp, Ahmad Jarba

(c) afp, Ahmad Jarba - Syrischer Oppositionsführer.

Ahmed Jarba, Chef des wichtigsten Oppositionsbündnisses Syrische Nationale Koalition, rief Assads Führung dazu auf, "unverzüglich die Genf-1-Vereinbarung zu unterzeichnen". Nach deren Vorgabe müsse die "Macht einschließlich der Armee und der Sicherheitskräfte von Assad an eine Übergangsregierung" übergeben werden.

Iran nicht dabei
Zu der Syrien-Friedenskonferenz reisten die Außenminister von fast 40 Staaten und Regionalorganisationen auf Einladung von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in die Schweiz. Bei den Verhandlungen sollen Lösungen für ein Ende des blutigen Bürgerkriegs gesucht werden. Erstmals sitzen sich auch Vertreter der syrischen Führung und der Oppositionsgruppen gegenüber. Beide Seiten sind vor allem in der Frage der Zukunft Assads gespalten. Der Iran, eine wichtige Macht in dem Konflikt auf der Seite Assads, ist nach diplomatischen Verwicklungen um seine Teilnahme nicht vertreten.

Ban sagte zur Eröffnung der Konferenz, "nach fast drei schmerzhaften Jahren des Konflikts und des Leidens in Syrien" gebe es nun "einen Tag der Hoffnung". Es gebe keine Alternative zu einem Ende der Gewalt", appellierte er an die Teilnehmer. "Alle Welt schaut auf Sie, die Sie heute hier versammelt sind, um das unsägliche Leiden zu beenden", sagte Ban.

US-Außenminister John Kerry schloss eine Beteiligung Assads an einer Übergangsregierung kategorisch aus. Es sei unvorstellbar, dass ein Mann, der "brutal" gegen sein Volk vorgehe, wieder regieren dürfe. Das Recht, ein Land zu regieren, lasse sich nicht auf "Folter, Fassbomben und Scud-Raketen" aufbauen, sagte Kerry.

Assad will an der Macht bleiben
Assad, der nicht an der Konferenz teilnimmt, wies bisher alle Rücktrittsforderungen zurück. Zuletzt waren gegen ihn erneut massive Foltervorwürfe erhoben worden. Mehrere Hundert Assad-Anhänger demonstrierten vor dem Konferenzgebäude. Sie riefen: "Mit unserer Seele und unserem Blut verteidigen wir dich, oh Baschar."

Der russische Außenminister Sergej Lawrow warnte, die Verhandlungen würden "weder einfach noch schnell" vonstattengehen. Ziel sei, den "tragischen Konflikt" zu beenden. Lawrow verurteilte zugleich die "aus der ganzen Welt" nach Syrien gekommenen "Extremisten". Diese zerstörten die "kulturellen und demokratischen Grundlagen des Landes".

Auch der deutsche Außenminister Steinmeier warnte vor überhöhten Erwartungen an die Konferenz. "Wunder wird es nicht geben dieser Tage", sagte er. Er hoffe aber darauf, "dass nach dem heutigen Tag auf Arbeitsebene weiterverhandelt wird". Steinmeiers französischer Kollege Laurent Fabius rief dazu auf, die Gespräche nicht für "unbegründete Anschuldigungen" zu nutzen.

Über 100.000 Tote
In dem Konflikt in Syrien wurden schätzungsweise mehr als 130.000 Menschen getötet, Millionen Menschen wurden zudem vertrieben. Nach den eintägigen Beratungen in Montreux soll es am Freitag im nahe gelegenen Genf unter UN-Vermittlung erstmals direkte Verhandlungen zwischen Vertretern von Assads Regierung und ihrer Gegner geben. Die Gespräche könnten nach russischen Angaben sieben bis zehn Tage dauern.

Der Iran, neben Russland und China der wichtigste Unterstützer Assads, gab der Konferenz kaum Chancen. Dies liege vor allem daran, dass an ihr "einige Unterstützer der Terroristen" teilnähmen, sagte Präsident Hassan Ruhani, womit er sich auf westliche Hilfe für die Rebellen bezog. Ban hatte den Iran am Montag nach Montreux ein-, dann aber wieder ausgeladen, was weltweit für Irritationen gesorgt hatte.


Folterbilder schocken die Welt

Unmittelbar vor Beginn der Friedensberatungen hatten Menschenrechtler schwere Foltervorwürfe gegen das Regime von Präsident Assad erhoben. Die britische Zeitung "Guardian" und der US-Nachrichtensender CNN berichteten, dass 11.000 Gefangene grausam gequält und getötet worden sein sollen. Die neuen Vorwürfe gegen Assad stützen sich auf Tausende Bilder eines ins Ausland geflüchteten syrischen Polizei-Fotografen und enthalten Hinweise auf systematische Folterung und massenhafte Tötung von Gefangenen. Sie zeigten demnach Leichen mit Folterspuren. Einigen seien die Augen ausgestochen worden, andere seien erdrosselt oder durch Stromstöße getötet worden.

Grundlage der neuen Friedensgespräche ist der Genf-1-Kompromiss vom Juni 2012, der nie umgesetzt wurde. Er sieht eine Waffenruhe, die Freilassung politischer Häftlinge und die Bildung einer Übergangsregierung unter Beteiligung der Opposition vor.

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