Laut der Türkei

Erstes Getreide-Schiff soll Ukraine noch Montag früh verlassen

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Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat wieder ein Schiff mit Getreide den Hafen von Odessa verlassen. 

Das Frachtschiff "Razoni" sei Montag früh in Richtung Libanon aufgebrochen, meldete der Sender CNN Türk unter Berufung auf das türkische Verteidigungsministerium. "Heute unternimmt die Ukraine zusammen mit ihren Partnern einen weiteren Schritt, um Hunger in der Welt zu verhindern", erklärte Ukraines Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow.

Nach Angaben einer von den Vereinten Nationen geleiteten internationalen Koordinationsgruppe hat das Schiff mehr als 26.000 Tonnen Mais geladen. Es werde am Dienstag in türkischen Gewässern erwartet, um dort inspiziert zu werden.

Die Ukraine zählt - wie Russland - bisher zu den größten Getreide-Exporteuren. Die Häfen am Schwarzen Meer wie Odessa können aber wegen der Blockade durch russische Streitkräfte seit Kriegsbeginn Ende Februar nicht wie gewohnt genutzt werden. Millionen Tonnen Getreide hängen in ukrainischen Schwarzmeerhäfen fest. Die Folge sind steigende Preise und Engpässen, unter denen besonders ärmere Länder leiden.

Dass der erste Frachter nun auslaufen konnte, sei einem kürzlich in Istanbul unterzeichneten Abkommen zu verdanken, schrieb Infrastrukturminister Kubrakow auf Twitter. 16 weitere Schiffe würden darauf warten, ebenfalls ablegen zu können. Weitere Schiffen sollen folgen. Das Frachtschiff "Razoni" fährt unter der Flagge des westafrikanischen Staates Sierra Leone.

Damit sollen Millionen Tonnen Getreide wieder für den Weltmarkt verfügbar werden. Die Ukraine zählte vor dem russischen Angriffskrieg zu den wichtigsten Getreide-Exporteuren der Welt. Für sie geht es um Milliardeneinnahmen aus dem Verkauf unter anderem von Weizen und Mais.

Abkommen in Istanbul

Die Kriegsgegner Ukraine und Russland hatten unter Vermittlung der Vereinten Nationen jeweils getrennt mit der Türkei ein Abkommen in Istanbul unterzeichnet, um von drei Häfen Getreideausfuhren aus der Ukraine zu ermöglichen. Von der Vorjahresernte warten ukrainischen Angaben zufolge noch über 20 Millionen Tonnen Getreide auf die Ausfuhr. Die Silos müssen wegen der neuen Ernte dringend freigemacht werden.

Der Hafenbetrieb war nach der russischen Invasion Ende Februar aus Sicherheitsgründen eingestellt worden. Moskau wurde eine Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren vorgeworfen. Russland sicherte in dem Abkommen nun zu, Schiffe über einen Seekorridor fahren zu lassen und diese sowie beteiligte Häfen nicht anzugreifen.

Die Exporte werden von einem Kontrollzentrum in Istanbul überwacht, das mit Vertretern Russlands, der Ukraine, der Vereinten Nationen und der Türkei besetzt ist. Die durch Istanbul verlaufende Meerenge Bosporus ist der einzige Seeweg vom Schwarzen Meer zum Mittelmeer. Die Türkei hat die Hoheit über den Bosporus.

Schiffe sollen bei der Ein- und Ausfahrt ins Schwarze Meer inspiziert werden. So soll auf Verlangen Russland sichergestellt werden, dass die Schiffe keine Waffen oder Ähnliches an Bord haben. Russland befürchtet, dass die Ukraine aus dem Erlös des Getreideverkaufs Waffen beschafft.

Das Abkommen umfasst die ukrainischen Häfen Odessa, Tschornomorsk und Juschny (Piwdennyj). Nur einen Tag nach der Vereinbarung hatte Russland den Hafen von Odessa beschossen und damit zwischenzeitlich die Besorgnis ausgelöst, dass der Getreidedeal platzen könne.

Die Nahrungsmittel aus der Ukraine werden auf dem Weltmarkt - vor allem in Asien und Afrika - dringend benötigt. Die Vereinten Nationen warnten zuletzt schon vor der größten Hungersnot seit Jahrzehnten. Die UNO und die Türkei hatten bei der Unterzeichnung des Abkommens mit Russland und der Ukraine von einem Zeichen der Hoffnung in Kriegszeiten gesprochen.

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