Ukraine-Krieg

EU will russische Gasimporte um zwei Drittel reduzieren

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Wegen der schweren Spannungen mit Russland will die EU so schnell wie möglich unabhängig von russischem Gas werden. 

Am Dienstag legte die EU-Kommission einen Plan mit Maßnahmen vor, um russische Gasimporte innerhalb von einem Jahr um zwei Drittel zu reduzieren. Es geht demnach darum, den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, neue Quellen für Gaslieferungen zu erschließen und den Energieverbrauch zu senken.

"Es ist Zeit, dass wir unsere Schwachstellen angehen und bei der Wahl unserer Energie schnell unabhängiger werden", sagte EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans. Der Krieg in der Ukraine zeige, wie dringend es sei, auf erneuerbare Energien umzusteigen.

40 Prozent kommt aus Russland

Mehr als 40 Prozent des in die EU importierten Gases kommt aus Russland; Länder wie Österreich und Deutschland sind von den russischen Importen stark abhängig. Die EU könnte nach Schätzungen der Kommission noch deutlich vor 2030 ganz auf russisches Gas verzichten. Es wird allerdings befürchtet, dass Russland Gaslieferungen kurzfristig von sich aus stoppen könnte. Am Montag hat Moskau erstmals offen gedroht, kein Gas mehr durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 zu liefern. EU-Energiekommissarin Kadri Simson sagte, dass die EU für den Rest dieses Winters auch im Fall eines russischen Gas-Lieferstopps auf der sicheren Seite stehe. Für den kommenden Winter müsse man sich aber wappnen.

Auch wenn russisches Gas weiterhin fließt, werden die Energiepreise heuer voraussichtlich hoch bleiben, schätzt die Kommission. Schon vor dem Krieg in der Ukraine waren die Gaspreise gestiegen, unter anderem wegen einer hohen Nachfrage während der Erholung von der Coronapandemie. EU-Länder sollten daher Verbraucher und Unternehmen durch Sondermaßnahmen schützen, so der Plan. Sie könnten dafür etwa ausnahmsweise die Preise für Haushalte und kleine Unternehmen regulieren. Zudem könnten sie die zusätzlichen Gewinne von Stromunternehmen, die durch die hohen Preise entstehen, besteuern und an Endkunden umverteilen. Staatliche Hilfen für betroffene Unternehmen sollen außerdem vereinfacht werden.

Um auch in Zukunft eine Energiekrise zu vermeiden, will die Kommission, dass die EU-Gasspeicher bis Oktober im Schnitt zu mindestens 90 Prozent gefüllt werden. Dafür könnten etwa EU-Länder auch gemeinsam Gaseinkäufe tätigen. Derzeit sind die europäischen Gasspeicher nach Kommissionsangaben zu weniger als 30 Prozent voll. Die Behörde will im April ein Gesetz vorstellen, um höhere Füllstände jedes Jahr verpflichtend zu machen.

Die Kommission sucht nach neuen Quellen für Gas, insbesondere für Flüssiggas (LNG), das mit Tankern übers Meer geliefert werden kann. Laut dem Plan könnte die EU bis zu 50 Milliarden Kubikmeter LNG pro Jahr importieren aus Ländern wie Katar, USA, Ägypten oder aus Westafrika. Zusätzlich könnten 10 Milliarden Kubikmeter herkömmliches Gas über Pipelines etwa aus Algerien oder Aserbaidschan kommen. Dafür laufen bereits Gespräche. Die Kommission möchte außerdem die Biogas-Produktion in der EU erhöhen auf rund 35 Milliarden Kubikmeter pro Jahr bis 2030, und in Zukunft mehr klimafreundlichen Wasserstoff importieren und produzieren.

Energiewende

Der Krieg in der Ukraine darf nach Ansicht der Kommission nicht dazu führen, dass die Energiewende auf Eis gelegt wird - im Gegenteil. Daher plant sie einen "Pakt für erneuerbare Energien", um den Ausbau von Solarenergie, Windkraft, Wasserstoffinfrastruktur sowie Wärmepumpen anzukurbeln. Genehmigungsverfahren für Ökostromprojekte sollen laut dem Plan beschleunigt und neue Investoren angelockt werden. Regierungen sollen besondere Gebiete auf Land und See für den Ausbau identifizieren. Im Juni will die EU-Kommission eine Solarstrategie mit konkreteren Vorschlägen vorlegen.

Auch Maßnahmen zur Energieeffizienz sollen laut dem Plan stärker gefördert werden, um weniger Energie insgesamt zu verbrauchen. Dafür gibt es bereits Gesetzesvorschläge, die zur Zeit verhandelt werden. Die Behörde will zudem die Energieversorgungsnetze zwischen den EU-Ländern ausbauen, etwa zwischen Portugal, Spanien und Frankreich.
 

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