Nach Kinschal-Blamage

Hochverrat! Putin lässt Raketen-Wissenschaftler im Knast schmoren

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Der Kreml reagiert erbost auf die gescheiterte Raketen-Offensive auf Kiew in der Nacht auf Dienstag. Die ukrainische Hauptstadt wurde mit insgesamt sechs Hyperschallraketen vom Typ Kinschal unter Beschuss genommen. Alle sechs Raketen wurden jedoch von der Flugabwehr abgeschossen.

Die Verwundbarkeit der Hyperschall-Raketen ist für den russischen Präsident Putin mehr als peinlich: Er hatte das System als unbesiegbar gepriesen. Auch angesichts von Verratsvorwürfen gegen Experten der militärisch wichtigen Hyperschalltechnologie lässt der Kreml-Herrscher jetzt seinem Sicherheitsapparat den Rücken stärken. Nachdem Kollegen der drei Naturwissenschafter in einem offenen Brief gegen deren Verhaftung aufbegehrt hatten, wies Putins Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch das Protestschreiben zurück. Man habe es zur Kenntnis genommen, sagte Peskow. Spezialkräfte befassten sich jedoch mit den Fällen und täten ihre Arbeit. "Es handelt sich um sehr ernste Vorwürfe", so der Kreml-Sprecher.

Vorwurf des Hochverrats

Bereits im vergangenen Jahr waren die Wissenschafter Alexander Schipljuk, Anatoli Maslow und Waleri Sweginzew unter dem Vorwurf des Hochverrats verhaftet worden. Sie sind Spezialisten für Hyperschalltechnologie. Diese wird unter anderem in Raketen des Typs Kinschal genutzt, die von Putin als Prestigewaffe des russischen Militärs angepriesen worden ist. Schipljuk war Direktor eines Labors auf dem international angesehenen Forschungscampus Akademgorodok in Nowosibirsk. Die Männer werden beschuldigt, Staatsgeheimnisse der Hyperschalltechnologie verraten zu haben. Ein weiterer Wissenschafter aus Sibirien, Dmitri Kolker, war 2022 wenige Tage nach seiner Festnahme einer Krebserkrankung erlegen.

Wissenschaftler fordern Freilassung

Am Montag hatten mehrere Wissenschafter aus Nowosibirsk die Freilassung ihrer Kollegen gefordert und vor schweren Schäden für die russische Forschung gewarnt. "Wir kennen jeden von ihnen als Patrioten und als anständigen Menschen, der nicht zu solchen Taten fähig ist, derer sie die Behörden verdächtigen", heißt es in dem Schreiben. Schipljuk, Maslow und Sweginzew hätten beim wissenschaftlichen Austausch in Publikationen und auf Konferenzen keine Geheimnisse preisgegeben. Wenn dies bereits den Vorwurf des Hochverrats nach sich ziehe, sei die Luftfahrt-Forschung gefährdet. Talentierte Nachwuchswissenschafter würden abgeschreckt. "In dieser Situation sorgen wir uns nicht nur um das Schicksal unserer Kollegen. Wir wissen schlichtweg nicht, wie wir unsere Arbeit fortsetzen sollen."

Das sind die Kinschal-Raketen

Die von Kampfjets oder Hubschraubern aus der Luft abgefeuerte Rakete kann nach russischen Angaben mit mehr als 12.000 Kilometern in der Stunde die zehnfache Schallgeschwindigkeit erreichen. Die Reichweite wird mit 1.500 bis 2.000 Kilometern angegeben. Kinschal-Raketen können sowohl mit konventionellen als auch nuklearen Sprengkörpern bestückt werden. Beim Überschreiten der fünffachen Schallgeschwindigkeit (Mach 5) wird von Hyperschallgeschwindigkeit gesprochen. Derartige Waffen gelten als besonders schwer zu bekämpfen. Russlands Präsident Wladimir Putin hat die im Jahr 2018 vorgestellte Rakete sogar als unschlagbar für bestehende und künftige Abwehrsysteme angepriesen. Im Jahr 2021 hatte Putin Russland als weltweit führend bei Hyperschallwaffen bezeichnet. Das Wort "Kinschal" - mit stimmhaftem "sch" und Betonung des "a" - bedeutet übersetzt "Dolch".

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