Unnötiger Tod

Diskussion um Gentherapie nach Todesfall

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Die 36-jährige Jolee Mohr wollte ihre Arthrose behandeln lassen. Zwei Wochen später war sie tot.

Robb Mohr wollte seiner fünfjährigen Tochter Toree den Anblick ihrer Mutter ersparen. Das Mädchen hätte die todkranke Frau sowieso nicht erkannt. Innere Blutungen hatten den Körper der 36 Jahre alten Jolee Mohr anschwellen lassen. Auch ihr Mann konnte den Anblick der Sterbenden in der Universitätsklinik Chicago kaum ertragen. Die Ärzte versprachen ihm, die Ursache der mysteriösen Erkrankung zu finden.

Freiwillige Teilnahme an Studie
Dabei könnten ihnen ein paar Hinweise helfen: Jolee Mohr erkrankte einen Tag, nachdem genetisch veränderte Viren in ihr rechtes Knie gespritzt worden waren. Eine Studie, an der die Frau freiwillig teilnahm, sollte prüfen, ob die Gentherapie gegen rheumatoide Arthritis sicher ist. Drei Wochen später war Jolee Mohr tot.

"Ein unnötiger Tod"
Organisiert wurde das Experiment von der Firma Targeted Genetics aus Seattle. Das Unternehmen hat das Projekt nun gestoppt, mehr als 125 weitere Patienten wurden untersucht. Auch die US-Behörden prüfen den Todesfall. Es steht viel auf dem Spiel: Rob Mohr will Antworten auf Fragen, Targeted Genetics bangt um seine Existenz. Aber es geht auch darum, wie medizinische Studien laufen, und was die Teilnehmer über die Gefahren erfahren. "Das war ein unnötiger Tod", sagt Robb Mohr.

Keine einzige zugelassene Therapie, aber bereits zwei Todesopfer
Seit der ersten Studie mit einer Gentherapie im Jahr 1989 gab es in den USA mehr als 800 solche Untersuchungen mit rund 5.000 Patienten. 18 Forschungsjahre später gibt es keine einzige zugelassene Therapie. Einziges Todesopfer war 1999 der Jugendliche Jesse Gelsinger aus Arizona. Auch in Deutschland sorgte im April 2006 der Tod eines Patienten für Aufsehen.

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Medizinische Entwicklungen hätten anfangs oft Probleme, sagt Theodore Friedmann, der beim National Institute of Health (NIH) Gentherapie-Studien beaufsichtigte. Auch wenn die Therapie den Tod von Jolee Mohr verursacht habe, sei das Verfahren vielversprechend. "Der Vorfall ist tragisch", sagt Friedmann. "Aber das zeigt, dass wir noch viel lernen müssen."

Mohr litt an Arthrose
Jolee Mohr litt seit 14 Jahren an Arthrose. Schmerzen, Steifheit und Schwellungen hielt sie mit Medikamenten unter Kontrolle. Sie arbeitete ganztags in einem Büro und arbeitete gern im Garten. Dann erzählte ihr Arzt von der Gentherapie. Robb Mohr sagt, seine Frau habe dem Mediziner vertraut und gehofft, die Behandlung werde die Knieschmerzen lindern. Aber in der Studie ging es um die Sicherheit des Verfahrens. Experten sprechen von einem "therapeutischen Missverständnis": Patienten glauben, dass die noch im Frühstadium befindliche Therapie helfe.

Fraglich ob sie komplette Einverständniserklärung las
In der Studie sollte ein Virus ein Gen in den Körper schleusen, der damit ein Protein bilden soll, das die Beschwerden lindert. Jolee Mohr unterzeichnete eine 15-seitige Einverständniserklärung, aber ob sie das Schreiben las, ist fraglich: Der Text erwähnt, dass das benutzte Virus - tgAAC94 - sich in andere Körperteile ausbreiten könne, mit unbekannten Folgen. Zudem könne es die DNA in Körperzellen verändern und das Krebsrisiko erhöhen. Und bisher unbekannte Nebenwirkungen könnten zu Schmerz, Behinderung und Tod führen könnten, heißt es auf Seite neun.

Starb innerhalb von zwei Wochen nach zweiter Spritze
Die erste von zwei Spritzen erhielt die Frau wenig später. Per Losverfahren wurde ihr für beide Injektionen die höchste Dosis zugeteilt. Nach der zweiten Spritze Anfang Juli begannen Beschwerden: Übelkeit und Fieber. Am 12. Juli wurde sie ins Krankenhaus Springfield eingeliefert, am 18. Juli nach Chicago verlegt. Dort versagten Atmung und Nieren, sie bekam eine Blutvergiftung, ihr Bauch füllte sich mit Blut. Jolee Mohr starb am 24. Juli.

Angeblich mit größter Sorgfalt gearbeitet
Die Teilnehmer der Studie wurden in Kleinstädten angeworben. Das sei billiger, als große Kliniken einzubeziehen, sagt der Medizinethiker Tom Murray. "Das Gute daran ist, dass mehr Forschung zu geringeren Kosten möglich ist", erklärt Murray. "Das Schlechte ist, dass die Teilnehmer weniger geschützt sind als an Unikliniken." Allein Mohrs Arzt warb nach Angaben seines Anwalts sieben oder acht Patienten für die Studie an. Targeted Genetics betont, die Untersuchung sei mit größter Sorgfalt geführt worden. Es habe keinen Druck gegeben, ein Mittel schnell auf den Markt zu bringen.

Rolle der Gentherapie beim Tod noch zu klären
Die Ärzte aus Chicago legten dem NIH nun den Autopsiebefund vor. Der nennt als Ursache die Blutvergiftung, innere Blutungen und eine Pilzinfektion. Welche Rolle die Gentherapie dabei spielte, bleibt noch zu klären. "Es ist großartig, wenn Unternehmen Menschen helfen wollen", sagt Robb Mohr. "Aber es gibt auch Unternehmen, die Millionen Dollar an Menschen verdienen wollen, ohne dass diese wissen, was da passiert."

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