Anwalt des Zimmermädchens fordert nun einen Sonderermittler.
In den Ermittlungen gegen den zurückgetretenen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn in den USA werfen die Kläger der Staatsanwaltschaft Befangenheit vor. Der Anwalt des Zimmermädchens, das Strauss-Kahn Vergewaltigung vorwirft, forderte Staatsanwalt Cyrus Vance am Mittwoch (Ortszeit) auf, den Fall abzugeben und einen Sonderermittler einzusetzen. Die Staatsanwaltschaft wies die Vorwürfe zurück.
Anwalt: Informationen vorenthalten
Die Staatsanwaltschaft New York sei dafür "verantwortlich", dass wiederholt rufschädigende Angaben über die Klägerin in die Öffentlichkeit gelangt seien, kritisierte deren Anwalt, Kenneth Thompson. Einen Tag, nachdem ein Mitarbeiter der Anklagebehörde ihm Ende Juni Einzelheiten aus einem Telefongespräch des Zimmermädchens berichtet habe, habe etwa die "New York Times" in "nahezu denselben Worten" über das Telefonat berichtet, das die Klägerin aus Guinea in ein schlechtes Licht rückte, schrieb der Anwalt in einem vier Seiten langen Brief an das Büro von Staatsanwalt Cyrus Vance.
Zudem habe die Anklage ihm Informationen vorenthalten: Die Verteidigung habe das abgehörte Telefongespräch ihrer Mandantin nicht anhören dürfen. Das New Yorker Zimmermädchen sagte darin zu einem Bekannten, Strauss-Kahn habe Geld, und sie wisse, was sie tue. Darüber hinaus befinde sich die Staatsanwaltschaft möglicherweise in einem Interessenskonflikt, denn eine ranghohe Mitarbeiterin der Behörde sei mit einem der Anwälte von Strauss-Kahn verheiratet.
Die Verteidiger hätten dies von der Staatsanwaltschaft und nicht aus der Presse erfahren müssen, kritisierte Thompson. Die Bevölkerung des Staates New York habe ein Recht auf eine "faire und unparteiische" Anklagebehörde; Vances Büro habe aber gezeigt, "dass es diese Kriterien nicht erfüllt".
Staatsanwaltschaft: Vorwürfe "unbegründet"
Die New Yorker Staatsanwaltschaft wies die Vorwürfe zurück und lehnte es ab, den Fall abzugeben. Unterstellungen, die Ermittler seien befangen, seien "vollkommen unbegründet", erklärte eine Sprecherin von Bezirksstaatsanwalt Vance. Rechtsanwälte beider Seiten trafen sich am Mittwoch zu einem Gespräch im Büro des Staatsanwalts, zu dem aber nichts bekannt wurde. Es sei "ein konstruktives Treffen" gewesen, sagte Strauss-Kahns Anwalt Benjamin Brafman lediglich. Vances Büro teilte mit, die Ermittlungen würden fortgesetzt.
Vergangenen Freitag hatte ein New Yorker Gericht den ehemaligen Direktor des Internationalen Währungsfonds unter Auflagen freigelassen, nachdem frühere Falschaussagen des mutmaßlichen Opfers ans Licht gekommen waren. Die aus Westafrika stammende Frau wirft dem französischen sozialistischen Politiker vor, sie Mitte Mai in seiner Suite in einem New Yorker Luxushotel angegriffen und zum Oralsex gezwungen zu haben. Inzwischen droht Strauss-Kahn auch in seiner Heimat ein Ermittlungsverfahren, nachdem eine Autorin ihn wegen versuchter Vergewaltigung im Jahr 2003 anzeigte.
Es sei "undenkbar", dass der Franzose in die heimische Politik zurückkehre, sagte der linksgerichtete französische Senator Yvon Collin in Paris. Nach allem, was in den vergangenen Wochen geschehen sei, werde Strauss-Kahns Wort nicht mehr das gleiche Gewicht haben wie zuvor. "DSK", wie er in Frankreich genannt wird, hatte bis zu seiner Festnahme im Mai als aussichtsreichster Anwärter für das Präsidentenamt bei der Wahl im kommenden Jahr gegolten. Vertraute des Sozialisten schließen jedoch nicht aus, dass er doch noch zur Wahl antritt, falls die Vorwürfe gegen ihn fallengelassen werden oder sich als haltlos herausstellen.