Frankreich im Schock

"Hitliste" der brutalsten Schulen veröffentlicht

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Pünktlich zum Unterrichtsbeginn hat ein französisches Magazin die " Hitliste" der brutalsten Schulen veröffentlicht.

Zum Schulbeginn in Frankreich diese Woche sind die Franzosen daran erinnert worden, dass viele Schulen des Landes keine Stätten der Bildung, sondern Zonen brutaler Gewalt und Erpressung sind: Eine "Hitliste" der schlimmsten Schulen, die das Magazin "Le Point" nach einem 18-monatigen Rechtsstreit mit dem Erziehungsministerium veröffentlichte, schockiert die Öffentlichkeit und erbost die Lehrer.

Experten fordern Maßnahmen
Anstatt die Gewaltakte zu zählen, müsste die Regierung sich über Vorbeugung Gedanken machen, kritisiert der Soziologe Eric Debarbieux. Außerdem handle es sich bei den in der Liste genannten Schulen nicht um solche, die die meisten Gewaltprobleme haben, sondern die, welche die meiste Gewalt melden. Doch auch ein nun vom Erziehungsminister präsentierter "Aktionsplan" enthält keine vorbeugenden Maßnahmen.

Spitzenreiter: 285 Gewaltakte im Jahr
Nach dem Erscheinen der Liste, deren Spitzenreiter eine Schule in Nimes mit 285 gemeldeten Gewaltakten im vergangenen Unterrichtsjahr ist, kündigten prompt zahlreiche Lehrer an, sie würden keine Informationen mehr an die Datenbank des Ministeriums weitergeben.

Denn eine stigmatisierte Anstalt verliert weiter Buben und Mädchen - wer bleibt, sind die ohnehin gefährdeten Kinder, deren Familien zum Beispiel den Wechsel auf eine Privatschule nicht finanzieren können. Das Gewaltproblem wird damit verschärft. "Ein Teufelskreis", sagt Debarbieux.

Staatliche Schulen versus Eliteschulen
Auf der einen Seite gebe es staatliche Schulen in sozialen Problemvierteln, wo hoffnungslose Einwandererkinder völlig überforderten Junglehrern gegenüberstehen, auf der anderen Seite stehen staatliche und private Eliteschulen, zu denen besorgte Eltern ihren Sprösslingen auch schon mal mit einem falschen Wohnsitz den Zugang erschwindeln.

Auf Grund eines komplizierten Punktesystems unterrichten tatsächlich in den Problemschulen fast nur unerfahrene Lehrer, jährlich wechselt dort 80 Prozent des Personals. "Wir brauchen mehr Mittel!", sagt die Direktorin einer Schule im Norden von Paris. Auch dies ist ein Teil des Teufelskreises: Wenn die Schülerzahlen sinken, werden die Mittel weniger.

Keine Präventionsmaßnahmen
Erziehungsminister Gilles de Robien hat diese Woche seinen "landesweiten Plan zum Kampf gegen die Gewalt in der Schule" sehr medienwirksam in der Schule vorgestelltt, in der eine junge Lehrerin im vergangenen Jahr niedergestochen worden war. Der Plan enthält vor allem praktische Hinweise, wie auf Gewalt reagiert werden soll. Auch die Möglichkeit, Polizisten Wache stehen zu lassen ist vorgesehen. Ein Programm zur Prävention fehlt dagegen.

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