Der 17-jährige Deutsche Marco W., der wegen sexuellem Missbrauch einer 13-Jährigen in der Türkei vor Gericht steht, bleibt weiter in Haft. Er wird vom Opfer erneut schwer belastet.
Um 9 Uhr trat das Schwurgericht von Antalya bereits zum fünften Mal zusammen. Marco musste vor Gericht erscheinen. Auch seine Eltern waren da und hofften das Beste für ihren Sohn. Doch auch dieses Mal hieß es nach 45 Minuten: Die Verhandlung wird vertagt. Neuer Termin: 26. Oktober 2007. Bis dahin muss Marco wegen "dringenden Tatverdachts" wieder in U-Haft in der Türkei bleiben.
Schwere Vorwürfe
Einen Tag zuvor veröffentlichte die "Bild"-Zeitung
exklusive Informationen aus den Kreisen des Anwalts des mutmaßlichen Opfers.
Die 13-jährige Britin Charlotte war über ein Rechtshilfeersuchen in
Manchester, England, vernommen worden. Das türkische Gericht hatte ihre
Aussage angefordert. Darin belastete die 13-jährige den 17-jährigen Marco
schwer:
"Ich ziehe meine Anzeige nicht zurück. Er hat mich gegen meinen Willen vergewaltigt. Ich will, dass er hart bestraft wird", fasste der Anwalt Charlottes, Ömer Aycan, die Aussage gegenüber der "Bild"-Zeitung zusammen. Der Anwalt weiter: "Ich werde für Marco die Höchsstrafe fordern: 15 Jahre Haft!"
Urteil am 26. Oktober?
Diese Aussage hat allerdings am Freitag
nicht zur Vertagung des Prozesses geführt, denn sie lag dem Gericht noch
nicht offiziell vor. Die Unterlagen werden jedoch bis zur Fortsetzung des
Verfahrens in vier Wochen in Antalya erwartet. Es ist deshalb möglich, dass
am nächsten Prozesstag ein Urteil ergeht: Charlottes Anwalt Aycan sagte, der
Prozess neige sich seinem Ende entgegen. Bei einer Verurteilung wegen
Kindesmissbrauch müsste Marco mit etwa drei Jahren Haft rechnen, die bei
einem Minderjährigen wie dem Schüler zur Bewährung ausgesetzt werden
könnten. Wird er wegen Vergewaltigung verurteilt, müsste Marco mit etwa fünf
Jahren Haft rechnen.
Anwalt kämpft um Freilassung Marcos
Marcos Anwalt Mehmet
Iplikcioglu kündigte an, sich am kommenden Montag an ein anderes
Schwurgericht zu wenden, um die Entscheidung zur Verlängerung der
Untersuchungshaft für Marco aufheben zu lassen. Wenn man sich den bisherigen
Verlauf des Verfahrens anschaue, gebe es keinen Grund, warum der Angeklagte
in Haft bleiben müsse. Der Prozess könne auch fortgesetzt werden, wenn Marco
auf freiem Fuß sei. Wenn sein Einspruch erfolgreich sein sollte, könnte
Marco noch vor dem nächsten Prozesstag am 26. Oktober freikommen.
Anwalt Iplikcioglu kritisierte auch das Bekanntwerden von Charlottes Aussage kurz vor der Fortsetzung des Prozesses am Freitag. Deren Lancierung sei ein klarer Versuch gewesen, das Gericht zu beeinflussen, sagte Iplikcioglu.
Falsche Altersangabe
Marco und das Mädchen hatten sich im
Badeort Side kennen gelernt und waren nach einem Discoabend mit anderen
Jugendlichen im Hotelzimmer der 13-Jährigen gelandet. Die Initiative zu den
Zärtlichkeiten sei von dem Mädchen ausgegangen, das sich als älter
ausgegeben habe, sagte Marco. Sie habe ihr Alter mit 15 angegeben.