In Marseille

Papst wirbt für bessere Aufnahme von Flüchtlingen

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Mit einer Abschlussmesse vor mehr als 50.000 Menschen hat Papst Franziskus am Samstag seinen Besuch in Marseille beendet. 

"Bonjour Marseille, bonjour la France!", begrüßte der Papst die Teilnehmer der Messe, darunter auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Seinen zweitägigen Besuch in der südfranzösischen Hafenstadt widmete Franziskus ausdrücklich dem Schicksal von Flüchtlingen in Europa.

Franziskus fuhr in seinem offenen Papamobil in das Stadion ein. Zuvor war er im Schritttempo durch die Straßen der Stadt gefahren, wo Menschen Flaggen des Vatikans und Frankreichs schwenkten und dem Papst begeistert zujubelten.

Nach Behördenangaben nahmen mehr als 50.000 Menschen an der Messe teil, 100.000 säumten demnach die Straßen. Die Fans des Fußballvereins Olympique de Marseille hielten im Stadion ein riesiges Banner mit einem lächelnden Franziskus und der Basilika Notre-Dame-de-la-Garde hoch, die der Papst am Freitag besucht hatte.

Die Anwesenheit Macrons bei der Messe hatte Kritik der linken Opposition ausgelöst, die dadurch die strenge Trennung von Staat und Kirche in Frankreich verletzt sieht. Allerdings hatten linke Oppositionspolitiker sich mit Blick auf die Flüchtlinge auch auf die Seite von Franziskus gestellt und Macron gemahnt, in dieser Frage auf den Papst zu hören.

In seiner Predigt warb Franziskus erneut mit dramatischen Worten für eine bessere Aufnahme von Flüchtlingen in Europa. So prangerte er die "tragische Ablehnung des menschlichen Lebens an, das heute vielen Migranten verweigert" werde.

"Diejenigen, die ihr Leben auf dem Meer riskieren, sind keine Invasoren, sie suchen Aufnahme", hatte der Papst bereits zuvor angemahnt. Migration sei ein Prozess, "der mit kluger Weitsicht gestaltet werden muss: mit einer europäischen Verantwortung", sagte der 86-Jährige am Samstag zum Abschluss einer Konferenz von Bischöfen und jungen Menschen aus Mittelmeer-Anrainerstaaten.

Das Mittelmeer rufe nach Gerechtigkeit, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. "An seinen Ufern herrschen auf der einen Seite Überfluss, Konsum und Verschwendung, auf der anderen Seite hingegen Armut." Der "Schmerzensschrei" der Migranten, die auf ihrer Flucht ertrinken, mache das Mittelmeer, die Wiege der Zivilisation, zum "Grab der Menschenwürde".

Die Schwierigkeiten Europas bei der Aufnahme und Integration "unerwarteter Menschen" seien nicht zu übersehen, sagte der Papst in seiner Rede, bei der auch Macron und EU-Migrationskommissar Margaritis Schinas anwesend waren. "Aber das Hauptkriterium kann nicht der Erhalt des eigenen Wohlstandes sein, sondern vielmehr die Wahrung der Menschenwürde."

Die Lösung bestehe nicht in der Ablehnung, sondern "in der Sicherstellung einer Vielzahl von legalen und regulären Einreisemöglichkeiten", sagte er. Ziel müsse eine "ausgewogene Aufnahme in Europa in Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern" sein.

"Lassen wir uns von der Geschichte unserer vielen Brüder und Schwestern in Not berühren, die das Recht haben, sowohl auszuwandern als auch nicht auszuwandern", mahnte Franziskus. "Die Geschichte verlangt von uns ein Aufrütteln des Gewissens, um einem Schiffbruch der Zivilisation vorzubeugen."

Der Papst hat seinen zweitägigen Besuch in Marseille ausdrücklich dem Schicksal der Flüchtlinge gewidmet. Am Vorabend hatte er sich in einer Gedenkfeier für die im Mittelmeer ertrunkenen Migranten für die Seenotrettung stark gemacht. Sie sei eine "Pflicht der Menschlichkeit", betonte er in Anspielung auf die zunehmenden Schwierigkeiten von Hilfsorganisationen, mit geretteten Migranten einen Hafen ansteuern zu dürfen. In diesem Jahr sind bereits mehr als 2.000 Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer gestorben.

Am Samstag empfing Franziskus Vertreter der in Marseille ansässigen Hilfsorganisation SOS Méditerranée, die mit einem Rettungsschiff Flüchtlinge in Seenot rettet. Anschließend trafen sich der Papst und Macron zu einem halbstündigen Gespräch. Einem Präsidialmitarbeiter zufolge ging es dabei um Migration.

Der lange geplante Papst-Besuch fällt mit der jüngsten Flüchtlingskrise auf der italienischen Insel Lampedusa und der Debatte über ein neues Einwanderungsgesetz in Frankreich zusammen. Frankreich "wird keine Flüchtlinge aufnehmen", hatte Innenminister Gérald Darmanin kürzlich mit Blick auf die Tausenden in Lampedusa eingetroffenen Migranten aus Afrika gesagt. Er gehe davon aus, dass die meisten ohnehin kein Recht auf Asyl hätten, erklärte er und bot Italien an, bei der Rückführung zu helfen.
 

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