Der britische Premier wehrt sich und geht in die Offensive. Seine Rede auf dem Labour-Parteitag wurde mit Spannung erwartet.
Der angeschlagene britische Premierminister Gordon Brown hat seinen oft kritisierten Führungsstil verteidigt. "Ich bin nicht in die Politik gegangen, um prominent zu werden oder um beliebt zu sein", sagte Brown zu Beginn seiner mit Spannung erwarteten Rede am Dienstag auf dem Labour-Parteitag in Manchester. Er wolle stattdessen "dem Land dienen" und sich für ein faireres Großbritannien einsetzen. "Wenn die Leute sagen, ich bin ernst, dann sage ich: Es gibt genügend Gründe, um ernst zu sein."
Brown nahm sich auch die Parteirebellen vor. "Die Menschen würden uns nicht verzeihen, wenn wir uns in diesen Zeiten nur um uns selbst kümmern." Brown sagte, er wisse, dass sich manche Sorgen über die Zukunft der Partei und den Zustand des Landes machten. Er werde wie "ein Fels" in turbulenten Wirtschaftszeiten stehen. Zuvor hatte Browns Frau Sarah die Delegierten wissen lassen: "Ich bin so stolz, ihn jeden Morgen hart für die Interessen der Menschen und des Landes arbeiten zu sehen." Sie erntete für diese Worte großen Applaus.
Wichtigste Rede seiner Karriere
Browns Rede galt als die
wichtigste in seiner Karriere. Seit Brown das Amt des Premierministers im
Juni vergangenen Jahres von seinem Vorgänger Tony Blair übernahm, gab es für
die Labour-Partei eine Serie schmerzlicher Niederlagen. Labour liegt seit
Monaten mit einem Abstand von bis zu 28 Prozentpunkten hinter den
oppositionellen Konservativen. Beobachter sagen der Partei auch herbe
Verluste bei den nächsten allgemeinen Wahlen voraus, die spätestens Mitte
2010 angesetzt werden müssen. Kritiker in Labour-Partei fordern deshalb,
dass Brown zurücktreten solle. Vor einer offenen Rebellion schreckten sich
bisher jedoch zurück, weil ein neuer Labour-Führer aus Legitimitätsgründen
innerhalb von kürzester Zeit Neuwahlen ausschreiben müsste, bei denen der
Regierungspartei ein Debakel sicher wäre.
Erneut sorgten am Dienstag auch Spekulationen über die Ambitionen von Außenminister David Miliband für Wirbel. Miliband habe nach seiner Parteitagsrede gesagt, er habe sich absichtlich zurückgehalten, um Brown nicht herauszufordern, berichtete der Sender BBC am Dienstag. Miliband, der seit langem als Favorit für eine mögliche Nachfolge Browns gilt, wies die Berichte zurück. "Ich akzeptiere keine der Anschuldigungen, die in Umlauf gebracht werden", sagte er. Es handle sich lediglich um "Hörensagen"..
Mögliche Nachfolger sind loyal
Auch andere mögliche
Nachfolger halten sich bedeckt, versichern Brown ihre Loyalität und nehmen
ihn gegen Kritik in Schutz. Der ehemalige Blair-Stellvertreter John Prescott
erklärte, er sei sich sicher, dass Brown diese Krise überstehen werde. Auch
der britische Finanzminister Alistair Darling stellte sich hinter Brown und
versprach der Labour-Partei eine starke Führung.
Steigende Preise schaden Brown
Die steigenden Preise für Benzin,
Lebensmittel und Heizung haben in der Öffentlichkeit dem Ansehen Browns sehr
geschadet. Mit Sorge betrachten die Briten zudem die fallenden
Immobilienpreise, die steigende Inflation und die möglichen Auswirkungen der
US-Finanzmarktkrise. Der frühere Innenminister Charles Clarke, der
prominenteste Kritiker Browns, forderte am Sonntag nochmals dessen
Rücktritt. "Ich bin sehr skeptisch, dass er das Blatt noch einmal
wenden kann."