Wie im Tschad

EU erwägt Friedenstruppe für den Kongo

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Der Bürgerkrieg im Kongo ist neu entbrannt. Hunderttausende sind auf der Flucht. Brüssel erwägt die Entsendung einer Friedenstruppe.

Tutsi-Rebellen haben für die Umgebung der Provinzhauptstadt Goma im Osten Kongos eine einseitige Waffenruhe ausgerufen. In einer Stellungnahme der Rebellen hieß es, sie stünden vor der Stadt, während Regierungssoldaten flüchteten. Ein UN-Sprecher begrüßte die Ankündigung, erklärte jedoch, es sei nicht klar, ob der Erklärung auch Taten folgen würden.

Der Sprecher bestätigte, dass in Goma Panik herrsche und die Rebellen noch nicht bis in die Stadt vorgedrungen seien. UN-Soldaten hielten sich den Angaben zufolge am Flughafen und an anderen strategisch wichtigen Punkten auf. Vor der Stadt waren Explosionen von Bomben, Artilleriefeuer und das Heulen von Granaten zu hören.

UNO-Truppe muss aufgestockt werden
Die UNO-Friedenstruppe im Kongo muss angesichts der Kämpfe im Osten des Landes dringend aufgestockt werden. Das forderte der UNO-Gesandte für den Kongo, Alan Doss. Allerdings könnten die Streitkräfte eines Drittlandes mit einem UNO-Mandat am schnellsten eingreifen, legte Doss nahe. Der UNO-Sicherheitsrate teile das Gefühl der Dringlichkeit der Lage und stehe einer militärischen Verstärkung offen gegenüber, sagte der Chef der UNO-Friedenseinsätze, Alain Le Roy, am Dienstagabend (Ortszeit) nach Beratungen in New York.

Der französische UNO-Botschafter Jean-Maurice Rippert erklärte, Paris habe keine Truppen die zur Entsendung bereitständen, vielmehr sei "konzertiertes internationales Handeln" nötig. Die Regierungen in Europa und Afrika seien sich der Dringlichkeit bewusst, wie Rippert weiter sagte. Doss hatte als Beispiel für ein rasches Eingreifen von außen die Operation "Artemis" genannt. Bei dem dreimonatigen Einsatz sorgte eine französisch geführte EU-Truppe 2003 für Sicherheit in der ostkongolesischen Provinz Ituri.

UN verurteilen Kämpfe
Der Weltsicherheitsrat forderte in seiner Sitzung einen sofortigen Waffenstillstand im Osten des Kongos. Die Kämpfe wurden "scharf verurteilt".

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© oe24

Tutsi nehmen Städte ein
Die Tutsi-Rebellen des abtrünnigen Generals Laurent Nkunda haben nach eigenen Angaben zwei große Städte im Osten des Kongo eingenommen und Goma umzingelt. Die Stadt Rutshuru und das benachbarte Kiwanja seien besetzt, sagte ein Sprecher der Rebellen am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters per Telefon. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

Die kongolesischen Soldaten zogen sich unterdessen in Richtung Süden zurück. Hundertausende Menschen waren auf der Flucht vor den Kämpfen. Etwa 30.000 Flüchtlinge trafen in einem provisorischen Lager des UNO-Flüchtlingshochkommissariates (UNHCR) in Kibati ein, zehn Kilometer nördlich von Goma, wie UNHCR-Sprecher Ron Redmond mitteilte.

Tausende auf der Flucht
Am Dienstag waren Tausende Menschen vor der Gewalt in Kibumba in Richtung Goma geflohen. Die Kämpfe zwischen der CNDP (Congrès national pour la défense du Peuple/Nationalkongress für die Verteidigung des Volkes) und den Regierungstruppen waren bereits Ende August wieder aufgeflammt. Anfang des Jahres hatten sich beiden Seiten bei einer Friedenskonferenz in Goma auf ein Waffenstillstandsabkommen geeinigt.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bereitet sich in seinem Auffanglager zehn Kilometer nördlich von Goma derweil auf die Ankunft von rund 30.000 Flüchtlingen vor.

Vor den humanitären Folgen der Kämpfe warnt die Caritas. "Schon jetzt ist es nicht mehr möglich, Hilfe zu Tausenden von Menschen zu bringen, die aus den Kampfgebieten Richtung Goma und Butembo fliehen. Den Flüchtlingen fehlt es an allem, was zum Überleben nötig ist, vor allem Nahrung und Trinkwasser. Manche Flüchtlinge sind dem Hungertod nah", erklärte die Hilfsorganisation. Sie versucht derzeit, für 90.000 Menschen in Goma und Butembo das Überleben zu sichern.

EU will Friedenstruppe senden
Angesichts des Flüchtlingsdramas berät die Europäische Union am Freitag über die Entsendung einer EU-Truppe zur Unterstützung der humanitären Hilfe. Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) der EU, dem ranghohe Diplomaten aus den 27 Mitgliedsstaaten angehören, soll am Vormittag in Brüssel zusammentreten. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner hatte als amtierender EU-Ratspräsident eine Truppe mit bis zu 1.500 Soldaten gefordert, um Hilfslieferungen sicherzustellen. Während Belgien den französischen Vorstoß unterstützte, reagierten andere EU-Staaten skeptisch. Einen Kampfeinsatz von Soldaten aus EU-Ländern schloss Kouchner aus. Innerhalb Afrikas gibt es derzeit bereits eine EU-Truppe zum Schutz von Hilfsorganisationen und Flüchtlingen - im Tschad.

Foto: (c) Reuters, AP

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