Rot und Grün ließen das konservative Lager weit hinter sich und schwächten Präsident Sarkozy damit merklich.
Bei der ersten Testwahl zehn Monate nach seinem Amtsantritt ist der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy offenbar mit einem blauen Augen davon gekommen. Zwar können die oppositionellen Sozialisten (PS) nach dem ersten Durchgang der Kommunalwahl auf die Rückeroberung vieler wichtiger Städte hoffen und Paris und Lyon halten. Aber die Kandidaten der konservativen Präsidentenpartei UMP behaupteten sich am Sonntag vielfach besser als prognostiziert.
Nach Auszählung von gut der Hälfte der Stimmen wählten insgesamt 49,5 Prozent der 44 Millionen Wahlberechtigten linke Listen, gegenüber 46,3 für die Rechten, wie das Innenministerium in der Nacht bekanntgab. PS-Chef Francois Hollande sprach von einer "Warnung" an den Präsidenten und die Regierung. Jeder dritte Wähler nutzte einer Ipsos-Umfrage zufolge den Urnengang für eine Abstrafung des Staatschefs. In den meisten Fällen wird aber erst die Stichwahl in einer Woche zeigen, welche Partei die knapp 37.000 neu zu bestimmenden Bürgermeisterposten besetzen wird.
Sarkozy will Reformen fortsetzen
Der ins Umfragentief gestürzte
Staatschef selbst hatte die nationale Bedeutung der Wahl betont, aber
unabhängig vom Ergebnis die Fortsetzung seiner Reformen angekündigt. Viele
UMP-Kandidaten lehnten seine angebotene Wahlkampfunterstützung ab.
Zahlreiche bürgerliche Bürgermeisteranwärter verzichteten sogar auf das
Parteilogo.
Laut den Instituten Ipsos/Dell gehen PS-Kandidaten in den bisher bürgerlich regierten Städten Straßburg, Reims, Caen und Rouen als klare Favoriten in die Stichwahl. In Paris hat PS-Bürgermeister Bertrand Delanoe zehn Punkte Vorsprung. In der drittgrößten Stadt Marseille könnte UMP-Vize Jean-Claude Gaudin das Rathaus verteidigen, er liegt gleichauf mit dem PS-Herausforderer. In Bordeaux wurde der bürgerliche Ex-Premier Alain Juppe im ersten Anlauf wiedergewählt. Für ihn könnte dadurch die Rückkehr auf die nationale Bühne möglich werden.
Die Sozialisten hoffen, am kommenden Sonntag bis zu 30 der 50 vor sieben Jahren verlorenen Städte zurückzuerobern. Derzeit stellen sie 170 von 403 Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern.
Die Kommunalwahl war auch ein Lackmustest für 22 der 33 Kabinettsminister und Staatssekretäre, die sich um Bürgermeisterposten oder Ratssitze bemühten. Zwölf von ihnen schafften auf Anhieb die Wahl oder Wiederwahl. Eng wird es für Bildungsminister Xavier Darcos. In der Stadt Perigeux liegt er nach der ersten Runde knapp hinter dem PS-Herausforderer.
Linkstrend
Der Linkstrend ist nach einer Wahlnachfrage des
Institus Ipsos auch einer Reaktion auf den Präsidenten zuzurechnen: 29
Prozent der Wähler nutzten die Gemeindewahl, um Sarkozy abzustrafen.
Umgekehrt votierten nur 16 Prozent, um den Präsidenten zu stützen.
Hohe Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung war mit geschätzten 70
Prozent deutlich höher als 2001, als 61,3 Prozent erreicht wurden. Einen
Sieger Sarkozy gab es in Neuilly bei Paris: Dort wurde der 21-jährige
Präsidentensohn Jean Sarkozy im ersten Wahlgang in den Rat des Departements
Hauts-de-Seine gewählt.
Premierminister Francois Fillon, der selbst im westfranzösischen Solesmes kandidierte, nannte die Ergebnisse "ausgewogener als angekündigt". Er versprach, die von Sarkozy angekündigten Reformen fortzusetzen, und mahnte die Wähler, die Kommunalwahl nicht mit einer Präsidentenwahl zu verwechseln. "Es gibt keine rosa Welle", erklärte auch Budgetminister Eric Woerth.
Sozialistenchef Hollande, der selbst als Bürgermeister von Tulle (Mittelfrankreich) bestätigt wurde, erklärte hingegen, die Wähler wollten Sarkozy zu einer anderen Politik bewegen. Die frühere sozialistische Präsidentschaftskandidatin Segolene Royal sprach von einer "Abstrafung der Machthaber" und rief die Linke auf, jetzt "überall mit der MoDem Bündnisse einzugehen".