Der libysche Revolutionsführer ließ das italienische Abgeordnetenhaus zwei Stunden warten. Parlamentspräsident Fini sagte das Treffen daraufhin kurzerhand ab. Gaddafi entschuldigte sich inzwischen.
Der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi hat sich bei italienischen Parlamentariern für sein Fernbleiben von einem geplanten Treffen mit ihnen persönlich entschuldigt. Gaddafi habe sein "Bedauern" zum Ausdruck gebracht, teilte der frühere italienische Regierungschef Massimo D'Alema mit. Nach eigenen Angaben suchte er Gaddafi am Freitag nach dessen Fernbleiben in seiner Unterkunft in Rom auf und sprach mit ihm rund eine Stunde.
Treffen abgesagt
Nach einer stundenlangen Verspätung des
libyschen Staatschefs hatte das italienische Abgeordnetenhaus ein Treffen
mit an dessen letzten offiziellen Besuchstag abgesagt. Die libysche
Botschaft in Rom gab das traditionelle muslimische Freitagsgebet als Grund
für das Fernbleiben an, wie die Nachrichtenagentur ANSA am Freitag meldete.
Gaddafis Besuch sollte den Neubeginn der Beziehungen beider Länder festigen.
Laut ANSA hatte der Präsident der Abgeordnetenkammer, Gianfranco Fini, nach einer Stunde Wartezeit entschieden, das Treffen mit Gaddafi abzusagen. Er habe jedoch bis zur offiziellen Bekanntgabe in Abstimmung mit D'Alema noch eine weitere Stunde gewartet, meldete die italienische Nachrichtenagentur. Laut gut informierten Kreisen sprach Fini auch mit Regierungschef Silvio Berlusconi, der Verständnis für die Entscheidung gezeigt habe. Demnach hielt auch Italiens Außenminister Franco Frattini den Schritt für "richtig".
Abkommen unterzeichnen
Der offizielle Teil des Besuchs des
libyschen Staatschefs hatte am Freitag mit Gesprächen Gaddafis und der
Abgeordneten zu den Beziehungen zwischen Libyen und Italien enden sollen.
Gaddafis Besuch in Italien sollte nach der Unterzeichnung eines
weitreichenden Abkommens im August vergangenen Jahres den Neubeginn zwischen
Libyen und der ehemaligen Kolonialmacht festigen. Am Samstag wollte Gaddafi
im privaten Rahmen einige Besucher in seinem Beduinen-Zelt empfangen, das er
in der größten römischen Parkanlage der Villa Doria Pamphili aufgeschlagen
hat. Am Mittwoch war bereits eine eigentlich im Senatsgebäude geplante Rede
des Libyers auf Druck der Opposition in ein anderes Gebäude verlegt.
Am Freitagnachmittag hatte Gaddafi italienischen Unternehmen in einer Rede vor dem Arbeitgeberverband Confindustria in Rom eine bevorzugte Behandlung in seinem Land zugesichert. "Alle Interessen Italiens werden in Libyen vorrangig behandelt", sagte Gaddafi. Auch im Energiesektor werde Libyen keine anderen Länder zum Nachteil Italiens vorziehen. Arbeitgeber-Präsidentin Emma Marcegaglia sprach von einer "Wende" in den Beziehungen beider Länder.