Schon zwei von drei Kandidaten abgelehnt

Geschworenen-Auswahl in George-Floyd-Prozess schwierig

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Könnte bis Ende des Monats dauern - Zwölfköpfiges Gremium bestimmt allein über Schuld des Polizisten - Nur einer von drei Kandidaten genommen.

Im Prozess gegen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin wegen der Tötung des unbewaffneten Afroamerikaners George Floyd hat am Dienstag die Auswahl der Geschworenen begonnen. Das Gericht in der Stadt Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota sucht bis zu zwölf Geschworene und vier Ersatzleute aus. Die Auswahl könnte sich bis Ende des Monats hinziehen, weil die Geschworenen alleine über die Schuld des Angeklagten entscheiden. Chauvin drohen bis zu 50 Jahre Haft.

Die Geschworenen haben im US-Recht eine herausgehobene Bedeutung. Die Kandidaten für die Jury dürfen unter Eid eingehend befragt werden, um sicherzustellen, dass sie trotz der Bekanntheit des Falls nicht voreingenommen sind. Verteidigung und Staatsanwaltschaft dürfen je eine bestimmte Zahl vorgeschlagener Geschworener ablehnen. Die Juroren bleiben dann aus Sicherheitsgründen bis auf Weiteres anonym. Ihre Auswahl hätte eigentlich schon am Montag beginnen sollen, wurde aber wegen verschiedener Anträge verschoben.

Die erste Kandidatin wurde am Dienstag prompt von der Verteidigung abgelehnt. Die in einem Krankenhaus angestellte dreifache Mutter sprach mit ausländischem Akzent und bezeichnete die Tötung Floyds als "unfair". Damit ließ sie erkennen, dass sie womöglich nicht unvoreingenommen ist. Die Verteidigung äußerte zudem Bedenken, dass ihre Englischkenntnisse ungenügend sein könnten.

Der zweite Kandidat, ein Chemiker, erklärte, er habe das Video des Polizeieinsatzes gegen Floyd nicht gesehen, er habe aber den Tatort besucht. "Es ist in meiner Stadt passiert und es war ein Riesenereignis." Der Mann erklärte, er glaube, dass das System der Strafjustiz in den USA Angehörige von Minderheiten generell benachteilige. Er betonte jedoch, dass er es als Wissenschafter gewohnt sei, Entscheidungen aufgrund der Fakten zu treffen. Er wurde als Geschworener für den Prozess angenommen. Die dritte Kandidatin räumte ein, dass sie nicht sicher sei, ob sie in diesem Fall unvoreingenommen sein könnte. Der Richter lehnte sie daher ab.

Chauvin wird Mord zweiten Grades ohne Vorsatz vorgeworfen. Darauf stehen bis zu 40 Jahre Haft. Chauvin muss sich zudem wegen Totschlags zweiten Grades verantworten, was mit zusätzlich 10 Jahren Haft geahndet werden könnte.

Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai vergangenen Jahres in Minneapolis bei einer brutalen Festnahme ums Leben gekommen. Die Polizeibeamten drückten ihn auf der Straße zu Boden, Chauvin drückte sein Knie rund acht Minuten lang in Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb. Videos des Vorfalls verbreiteten sich rasch und führten in den USA zu wochenlangen Massenprotesten gegen Rassismus und Polizeigewalt. In Wien wurde ein Black-Lives-Matter-Protest mit rund 50.000 Teilnehmern zu einer der größten Demonstrationen seit Jahren.

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