Kritik an Papst

Juden fürchten "neue Eiszeit"

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Für den Zentralrat der Juden in Deutschland hat Papst Benedikt XVI. mit der Aufhebung der Exkommunikation der traditionalistischen Bischöfe eine "antisemitische Gruppe in den Schoß der katholischen Kirche" zurückgeholt.

Damit mache der Vatikan "dieses Denken wieder salonfähig", meinte der Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann. Er fürchte, dass damit der christlich-jüdische Dialog um bald 50 Jahre zurückgeworfen werde. Graumann befürchtet eine "neue Eiszeit" im Verhältnis zur katholischen Kirche und spricht von einem "Schlag ins Gesicht der jüdischen Gemeinschaft" und einer "Provokation".

Ganz unabhängig von der Gestalt des britischen Bischofs Richard Williamson sei die "Pius-Bruderschaft" eine "dezidiert antisemitisch agierende Gruppe", so Graumann.

"Ich glaube, dass es keine Gaskammern gibt"

Der Bischof der traditionalistischen Pius-Bruderschaft, Richard Williamson, hat in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehsender SVT die Existenz von Gaskammern in den NS-Konzentrationslagern geleugnet. Das Gespräch, das am 21. Jänner 2009 gesendet wurde, war während eines Besuchs im Priesterseminar der Bruderschaft St. Pius X. bei Regensburg in Bayern aufgezeichnet worden. Williams spricht davon, dass es keine Gaskammern gegeben habe und dass zwischen 200.000 bis 300.000 Juden in nationalsozialistischen Konzentrationslagern ums Leben gekommen seien.

Die Staatsanwaltschaft Regensburg ermittelt wegen Holocaust-Leugnung, die in Deutschland und in Österreich unter Strafe steht. Auch die Entscheidung von Papst Benedikt XVI., das mehr als zwanzigjährige Schisma der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X zu beenden, wird deshalb kritisiert.

Dass nun ausgerechnet unter einem deutschen Papst eine "antisemitisch geprägte" Position gestärkt werde, mache die Sache geradezu bitter. "Wer mit Schmutz werfende antisemitische Hetzer umarmt, der kann am Ende auch beim besten Willen nicht sauber bleiben".

Am Holocaust-Gedenktag am Dienstag wird weltweit der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.

Italien: tiefe Wunde
Der römische Oberrabbiner Riccardo Di Segni hatte den Papst bereits vorab vor den gravierenden Auswirkungen gewarnt, die eine Wiederaufnahme der Lefebvrianer in die Kirchengemeinschaft auf das jüdisch-katholische Verhältnis haben würden. Di Segni sprach gegenüber der Turiner Zeitung "La Stampa" von einer "tiefen Wunde".

Verhaltene Reaktion auch in Frankreich
Die Aufhebung der Exkommunikation von vier ultrakonservativen Bischöfen durch Papst Benedikt XVI. hat in der französischen Kirche keinen Begeisterungssturm ausgelöst. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz und Pariser Kardinal Andre Vingt-Trois reagierte am Samstag verhalten auf die Rehabilitierung der Anhänger des verstorbenen Erzbischofs Marcel Lefebvre. Benedikt XVI. verfüge offenbar über "ausreichend positive" Informationen, um diese Entscheidung verantworten zu können

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