Kanzlerin Angela Merkel lehnt die Privatisierung der Deutsche Bahn nach SPD-Modell ab. Die CSU-Verkehrsexpertin Renate Blank forderte die Ablösung Tiefensees, der als Minister auf ganzer Front gescheitert sei.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt eine Teilprivatisierung der Bahn nach dem SPD-Modell ab. "Die Union wird sich auf den Beschluss der SPD bezüglich der Bahnprivatisierung nicht einlassen können, weil so wesentliche Ziele der Privatisierung mit diesem Beschluss nicht erreicht werden", sagte die CDU-Vorsitzende der Zeitung "Welt am Sonntag". Ob es Möglichkeiten gebe, den Privatisierungsprozess fortzusetzen, werde mit der SPD besprochen. Nach einem Bericht der "Wirtschaftswoche" ließ Merkel Bahnchef Hartmut Mehdorn im Vorfeld der Koalitionsrunde am Sonntag allerdings wissen, dass das Projekt für diese Legislaturperiode wohl erledigt sei. Eine Regierungssprecherin wollte dies nicht kommentieren.
SPD: Privatisierung über stimmrechtslose Vorzugsaktie
Die
SPD hatte auf ihrem Parteitag beschlossen, dass die Bahn nur mit
stimmrechtslosen Vorzugsaktien privatisiert werden soll. Dadurch könnte die
völlige Kontrolle des Bundes über das Unternehmen gesichert und ein Einstieg
von kurzfristigen, renditeorientierten Investoren verhindert werden.
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag",
damit kündige die SPD die Koalitionsabsprachen zur Bahn-Privatisierung auf.
Privatisierung gescheitert?
Mehrere Unionspolitiker haben bereits
erklärt, sie betrachteten die Privatisierung zumindest in dieser Wahlperiode
als gescheitert. "Ich gehe davon aus, dass der Koalitionsausschuss das
Projekt noch an diesem Sonntag stoppt", sagte der stellvertretende
Unions-Fraktionschef Hans-Peter Friedrich der Zeitung "Die Welt" mit Blick
auf die Beratungen im Koalitionsausschuss. Die Festlegung des SPD-Parteitags
auf das Volksaktien-Modell habe jede Grundlage für eine Einigung innerhalb
der Koalition zerstört. Ähnlich äußerte sich der Unions-Verkehrsexperte
Georg Brunnhuber, der auch im Aufsichtsrat der Bahn sitzt.
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte der "Welt am Sonntag", der
SPD-Beschluss habe eine Lösung äußerst schwer gemacht.
Tiefensee warnt CDU
Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee warnte
die Union, das SPD-Modell als Vorwand zu nutzen, um das ganze Projekt zu
hintertreiben. Der "Frankfurter Rundschau" sagte der SPD-Minister: "Ich
warne die Union davor, das ganze für unmöglich zu erklären, nur weil einige
ihr Steckenpferd weiter reiten und die Bahn zerschlagen wollen."
"Kanzlerin soll neuen Minister berufen!"
Die
CSU-Verkehrsexpertin Renate Blank forderte die Ablösung Tiefensees, der als
Minister auf ganzer Front gescheitert sei. "Die Bundeskanzlerin sollte sich
dringend überlegen, ob sie für die komplizierte Verkehrs- und Baupolitik
einen fähigeren Minister beruft", sagte sie der "Bild am Sonntag".
Für 2008 gefordert: "Sofortprogramm Schiene" für 550 Mio. Euro
Nach
einem Bericht der "Wirtschaftswoche" planen die Verkehrspolitiker von Union
und SPD für 2008 ein "Sofortprogramm Schiene" von 550 Mio. Euro, um die
Modernisierung der Bahn und deren Expansion auch ohne Börsengang
sicherzustellen. Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Friedrich sagte
dem Magazin, es sei wichtig, der Bahn für die nächsten zwei bis drei Jahre
eine Perspektive zu geben, "wenn wir die Privatisierung nicht hinbekommen".
Weitere Überlegungen in der Union umfassten die Ausgabe zusätzlicher
Bahn-Anleihen und die Einbehaltung von Dividenden der Bahn für ihren
Hauptaktionär Bund, um sie für Investitionen einzusetzen, hieß es in dem
Bericht. Der SPD-Finanzexperte Reinhard Schulz schlage des weiteren vor,
Finanzminister Peer Steinbrück solle über den Bundeshaushalt ein
"Sondervermögen Bahn" von mittelfristig vier Milliarden Euro aufbauen.