Bislang war das Kopftuch an Universitäten in der Türkei verboten - dies könnte sich nun ändern. Erdogan hat den Weg dafür frei gemacht.
Der Weg zur Abschaffung des Kopftuchverbots an Universitäten in der Türkei ist frei. Politiker der religiös geprägten Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und Unterhändler der rechtsgerichteten Oppositionspartei MHP einigten sich am Donnerstag auf entsprechende Verfassungsänderungen, wie türkische Fernsehsender berichteten.
Spannungen verschärfen sich
Die Entscheidung droht die
Spannungen zwischen der Regierung und der säkularen Elite in Politik und
Militär wieder zu verschärfen. Letztere ist gegen das religiöse Zeichen und
betrachtet die Frage als entscheidend für den Fortbestand der laizistischen
Staatsordnung. Weil das Kopftuch verboten ist, haben viele religiöse Frauen
auf einen Universitätsbesuch verzichtet.
Die Verfassungsänderung könnte schon in den nächsten Wochen beschlossen werden; gemeinsam verfügen beide Parteien im Parlament von Ankara über 410 von 550 Mandaten. Die kemalistische Opposition kritisierte die geplanten Verfassungsänderungen als Zeichen dafür, dass die Türkei auf dem Weg in einen islamischen Gottesstaat sei.
Gleichheit vor dem Gesetz
AKP und MHP wollen ihr Ziel durch
Ergänzungen der Verfassungsartikel 10 und 42 erreichen, in denen es um die
Gleichheit vor dem Gesetz und um das Recht auf Bildung geht. Die
Verfassungsänderungen sollen klarstellen, dass alle Bürger beim Empfang
staatlicher Leistungen ein Recht auf Gleichbehandlung haben und dass niemand
wegen seiner Kleidung von der Hochschulausbildung ausgeschlossen werden
darf. Damit wird das Kopftuchverbot nur für Studentinnen aufgehoben, nicht
aber für Schülerinnen, Beamtinnen oder Parlamentarierinnen.
Das bisherige Kopftuchverbot an den Unis basiert nicht auf einem Gesetz, sondern auf einem Verfassungsgerichtsurteil aus den achtziger Jahren. AKP und MHP argumentieren, Millionen von Koftuchträgerinnen in der Türkei dürften nicht länger mit einem Bildungsverbot bestraft werden; beide Parteien haben viele religiös-konservative Anhänger.
Die Kemalisten, die sich auf Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk berufen, betrachten das Kopftuch dagegen als Symbol des politischen Islam, das aus staatlichen Institutionen herausgehalten werden müsse. Kemalistische Politiker und Hochschulrektoren hatten in den vergangenen Tagen gewarnt, Kopftücher an den Universitäten seien nur der Anfang einer Islamisierung des Staates.