Jetzt wird bekannt: Die Jihad-Union wollte mit dem erstem Islamisten-Anschlag in Deutschland weltbekannt werden.
Nach mehreren Monaten der Vorbereitung wurden die Männer im Hintergrund ungeduldig. "Sind die Geschenke bereit?", lautete ihre scheinbar harmlose und doch drängende Frage an die drei jungen Männer in Deutschland. Die Adressaten wussten, was gemeint war: "Geschenke", das war die Tarnbezeichnung für Sprengsätze.
Zwei Wochen Frist
Und die Frage lautete übersetzt: Wann endlich
verübt ihr den ersten islamistischen Anschlag in der Bundesrepublik, ein
Blutbad an einer US-Einrichtung mit möglichst vielen Toten und Verletzten?
Ende August bekamen die potenziellen Attentäter eine Frist gesetzt:
Innerhalb von zwei Wochen - also bis spätestens zum kommenden Wochenende -
sollten sie zuschlagen.
Auftrag aus Pakistan
So schildern etwa das Magazin "Der Spiegel"
und der Berliner "Tagesspiegel" den geplanten Ablauf. Der Auftrag zum
Blutbad kam nach diesen und anderen Medienberichten aus dem Norden
Pakistans, von der Islamischen Jihad-Union. Die beiden Deutschen aus Ulm und
Saarbrücken sollen mit dem aus Langen bei Frankfurt stammenden Türken eine
Zelle der Terrororganisation gebildet haben, bis sie am Dienstag im
Sauerland (Nordrhein-Westfalen) festgenommen wurden. "Sie hatten einen
klaren Auftrag, den haben sie unbeirrbar verfolgt und sich durch nichts
abschrecken lassen", sagte Innenstaatssekretär August Hanning der
"Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Jihad-Union wollte bekannt werden
Die Bedeutung der geplanten
Anschläge für die relativ unbekannte Jihad-Union erklären hochrangige
Sicherheitsexperten mit deren Streben nach internationaler Aufmerksamkeit.
Deutschland suchte das Netzwerk demnach gerade deshalb aus, weil es hier
noch keinen islamistischen Anschlag gab und ein solcher unter Islamisten als
Prestige-Erfolg gegolten hätte. Die Terrororganisation wäre auf einen Schlag
weltbekannt geworden und hätte mit dem Zustrom von Kämpfern und vor allem
mit Geld islamistischer Finanziers rechnen können.
Ausbildung in Pakistan
Im vergangenen Jahr soll die Organisation
die drei Männer deshalb in Terrorlagern ausgebildet haben. Insgesamt stehen
rund 50 Menschen im Verdacht, in die Pläne verwickelt gewesen zu sein. Doch
bei vielen scheint das Ausmaß ihrer Verwicklung noch nicht klar zu sein, wie
die Bundesanwaltschaft andeutet. Förmliche Ermittlungen führt Karlsruhe nur
gegen sieben weitere Personen, darunter zwei Unbekannte - offensichtlich die
Auftraggeber mit den Decknamen "Sule" und "Jaf".
Sieben Verdächtige im Ausland
Die sieben sollen sich
teilweise im Ausland befinden. Für Haftbefehle reichen die Indizien
offensichtlich nicht aus. Denn die Informationen dürften großenteils von
Geheimdiensten stammen und damit nicht alle "gerichtsfest" sein. Maßgeblich
gehen sie nach Medienberichten auch auf die US-Geheimdienste CIA und NSA
zurück. Die Zusammenarbeit sei "so eng wie nie" gewesen, sagte
US-Heimatschutzminister Michael Chertoff dem "Spiegel". Sogar US-Präsident
George W. Bush sprach demnach Kanzlerin Angela Merkel beim G-8-Gipfel Anfang
Juni auf die unter dem Namen "Operation Alberich" laufenden Ermittlungen an.
Fritz G. wurde überwacht
Dass die Gruppe überhaupt auffiel,
ist wohl auch einem frühen Fehler ihres mutmaßlichen Kopfs Fritz G. zu
verdanken: Er fiel bereits am vergangenen Silvesterabend bei der Beobachtung
einer US-Kaserne in Hanau bei Frankfurt/Main auf, wurde überprüft und später
überwacht. Doch die Gruppe soll das mitbekommen und es den Überwachern
schwer gemacht haben. Nach verschiedenen Berichten fuhr G. in weit entfernte
Telefonläden, wenn er mit seinen Auftraggebern kommunizieren wollte. E-Mails
wurden nicht verschickt, sondern im Entwürfe-Ordner von Internet-Postfächern
hinterlegt.
Panne bei Verkehrskontrolle
Am Ende soll es fast zu einer Panne
gekommen sein. Als die Gruppe in ihrem verwanzten Auto bei einer
Verkehrskontrolle zufällig überprüft wurde, entfuhr einem der Polizisten
beim Blick in den Computer der Ruf: "Die stehen auf der Liste des BKA!" So
laut, dass es selbst an den Abhörgeräten noch zu verstehen war. Die Insassen
wurden durchgelassen, entschieden nach der Rückkehr in ihr Versteck aber,
den Ort zu wechseln. Wenig später griffen die Ermittler zu.