Der Labour-Chef forderte erneut den Rücktritt des konservativen Premiers.
Nach dem Untersuchungsbericht zu Lockdown-Partys im britischen Regierungssitz reißt die Kritik an Premierminister Boris Johnson nicht ab. Oppositionschef Keir Starmer forderte am Dienstag in der BBC erneut dessen Rücktritt: "Der Premierminister hat die Regeln gebrochen, und dann hat er darüber gelogen."
Auch aus seiner eigenen Konservativen Partei musste sich Johnson weitere Vorwürfe gefallen lassen. "Dies ist eine Krise, die nicht verschwinden wird und der Partei sehr großen Schaden zufügt", sagte der Abgeordnete Andrew Mitchell dem Sender.
Der lange erwartete Bericht der Spitzenbeamtin Sue Gray hatte den Verantwortlichen in der Downing Street am Montag Führungsversagen und schwere Verfehlungen bei der Einhaltung von Regeln attestiert. Johnson entschuldigte sich daraufhin im Parlament und kündigte eine weitreichende Umstrukturierung des Amtssitzes an. Einen Rücktritt lehnte er jedoch ab. Vizepremier Dominic Raab verteidigte seinen Chef in Interviews. Wichtig sei, dass die richtigen Schlussfolgerungen gezogen würden und Gerechtigkeit wiederhergestellt würde.
Partei entscheidet
Johnsons Schicksal liegt nun in den Händen seiner Konservativen Partei. Am Montagabend warb der Parteichef hinter verschlossenen Türen um Unterstützung. "Schickt mit eure Vorschläge per WhatsApp", soll Johnson dem Sender Sky News zufolge gesagt haben. Bereits in den vergangenen Tagen hatte der Premier mit einem sogenannten Brexit-Freiheiten-Gesetz und einer Kehrtwende bei der Impfpflicht für Mediziner versucht, sich bei Hinterbänklern wieder beliebt zu machen.
Schicken mindestens 54 der Tory-Abgeordneten einen Brief an ihren Kollegen Graham Brady, der das sogenannte 1922-Komitee leitet, käme es zu einem Misstrauensvotum. Das gilt aktuell jedoch als unwahrscheinlich - zumindest bis zum Abschluss der Ermittlungen der Polizei, die selbst ein Dutzend Partys in der Downing Street unter die Lupe nimmt.
Man habe mehr als 300 Fotos und 500 Papiere übergeben bekommen, hieß es am Montag von der Metropolitan Police. Dass all diese unter Verschluss bleiben, ist nach den zahlreichen Party-Leaks in der Affäre schwer vorstellbar. Insbesondere die Zusammenkünfte, bei denen Johnson selbst dabei gewesen sein soll oder die in seiner Wohnung stattgefunden haben sollen, sind brisant.
Obwohl der Premier beständig predigt, man solle die Ermittlungen der Polizei abwarten, wollte sich ein Regierungssprecher am Dienstag nicht festlegen lassen, dass öffentlich gemacht wird, wenn Johnson etwa ein Bußgeld zahlen muss. Dies sei Sache der Polizei, hieß es.