China

Präsident Hu gewinnt Machtkampf

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Im Machtkampf um Schanghai hat Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao ungeahnte Stärke demonstriert. Vier Jahre nach dem Generationswechsel an der Spitze der Kommunistischen Partei hat der neue Präsident überraschend seine Führung gefestigt.

Der Sturz des Politbüromitglieds und Parteichefs der Hafenmetropole, Chen Liangyu, ist ein Schlag gegen die "Schanghai Clique" um den früheren Staats- und Parteichef Jiang Zemin, der mit seinen 80 Jahren bisher noch beträchtlichen Einfluss ausübte. Hu Jintao ebnete damit nicht nur den Weg für weitere Personalentscheidungen, sondern auch für den wichtigen 17. Parteitag im nächsten Jahr. Bis Freitag hatte Chinas Präsident nicht nur den Parteichef von Schanghai festnehmen lassen, sondern auch ein halbes Dutzend anderer Spitzenleute - zuletzt den einflussreichen Chef der Parteiverwaltung sowie die früheren Vorsitzenden des Stromversorgers der Metropole und eines großen Immobilienunternehmens. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist in China nirgendwo mehr derart aufgeräumt worden. Immerhin gehörte Chen Liangyu als Mitglied des Politbüros zu den zwei Dutzend Politikern, die Chinas Schicksal lenken und als unantastbar gelten.

Skandal: Hunderte Millionen Euro aus der Pensionskasse
Der Vorwurf lautet auf Korruption und Missbrauch der Rentenkasse. Selbst wenn immer wieder der Kampf gegen Korruption hervorgehoben wird, dient dieser vor allem als Waffe in innerparteilichen Kämpfen. Auf der einen Seite steht die Hausmacht von Präsident Hu Jintao, der wenig Beziehungen nach Shanghai hat und auf Seilschaften aus der kommunistischen Jugendliga baut. Auf der anderen Seite stand bislang die "Schanghai Clique", die ihm offenbar zu lange auf der Nase herumgetanzt war.
Die reiche Hafen- und Finanzmetropole schien überhaupt immer eine Sonderrolle zu spielen. Selbst Pekings Wirtschaftspolitik wurde von Schanghai torpediert. Die Bemühungen der Zentralregierung, den überhitzten Immobilienmarkt im ganzen Land zu bremsen, liefen in Schanghai ins Leere, weil Parteichef Chen Liangyu und seine Genossen am Wohnungsmarkt wie an anderen Geschäftemachereien fleißig mitverdienten. Als Spekulationskapital diente die Rentenkasse.

Ära Jiang ist vorbei
Die bisher genossene Protektion durch Jiang Zemin, der selbst Bürgermeister und Parteichef der Stadt gewesen war, bevor er nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 überraschend an die Spitze nach Peking kam, wurde entweder immer schwächer oder die Korruption der Genossen immer dreister. Vor drei Jahren hatte Jiang Zemin noch eine Untersuchung verhindern können und sich schützend vor seine Vertrauten gestellt. Diesmal musste er früh erkennen, dass die Schlacht verloren und die Vorwürfe längst zementiert waren. So schwenkte Jiang Zemin wohl oder übel auf die Seite seines Nachfolgers Hu Jintao, wie demonstrativ unter Parteimitgliedern verbreitet wurde. "Die Ära Jiang Zemins ist vorbei", titelte die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post". Hatten ausländische Diplomaten und Beobachter vor zwei Wochen noch über die Schwäche der neuen Führung spekuliert, legt das von langer Hand vorbereitete und plötzliche Vorgehen gegen die "Schanghai Clique" eher die Schlussfolgerung nahe, dass Präsident Hu Jintao die Zügel jetzt fest in der Hand hält. Welchen Kurs er fahren wird, dürfte auf der Sitzung des Zentralkomitees erkennbar werden, das er für den 8. bis 11. Oktober nach Peking einberufen hat.

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