Die Regierung soll auf die Verpflichtung verzichten, "neue Atomkapazitäten weder zu planen noch zu unterstützen".
Eine Gruppe von Abgeordneten der größten tschechischen Regierungspartei, der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) von Premier Mirek Topolanek, fordert den Verzicht auf die Verpflichtung der Koalition im Regierungsprogramm, neue atomare Energiequellen "weder zu planen noch zu unterstützen". Tschechien sollte nach ihrer Auffassung beginnen, neue atomare Kapazitäten aufzubauen, berichtet die tschechische Tageszeitung "Pravo".
Gruppe um Finanzexperte Tlusty
Es handelt sich um jene Gruppe
der ODS-Abgeordneten um den rebellierenden Finanzexperten der Partei,
Vlastimil Tlusty, die im Juni eine "Reform-Plattform" innerhalb
der ODS gegründet hatten, um die "Rückkehr der ODS zu ihren
Programm" zu forcieren. Beispielsweise sagte der Abgeordnete Juraj
Raninec, er sei "erschrocken" wegen des "Risikos, dass wir
und unsere Kinder irgendwann erleben könnten, dass der Strom rationiert wird
wie in Rumänien". Es habe keinen Sinn, auf die nächste
Parlamentswahl im Jahr 2010 zu warten.
Tschechische Bevölkerung wichtiger als Grüne
Der
Abgeordnete Jan Klas meinte, die Zehn-Millionen-Bevölkerung Tschechiens habe
in seinen Augen eine "höhere Priorität als die Gruppe von sechs
Abgeordneten der Grünen". Klas spielte darauf an, dass die
mitregierenden Grünen, die den Verzicht auf weitere atomare Kapazitäten
durchgesetzt hatten, bloß sechs Sitze im 200-köpfigen Abgeordnetenhaus
haben.
Auch Industrieminister für AKW
Zu den Atom-Befürwortern
zählt auch Industrie- und Handelsminister Martin Riman (ODS). "Wenn
ich Alleinherrscher in diesem Land wäre, würde man (das Atomkraftwerk)
Temelin selbstverständlich vollenden", betonte Riman nach Angaben
des Blattes in Anspielung auf die ursprünglichen Pläne Tschechiens, vier
statt nur zwei Reaktorblöcke des südböhmischen AKW zu bauen.
Topolanek bremst Kritiker ein
Regierungschef Topolanek bremst
jedoch die Initiative seiner Parteikollegen. "Der Koalitionsvertrag ist
in diesem Punkt in einem harten Kampf vereinbart worden, und es ist nicht
möglich, darin einzugreifen", so der Premier, dessen ODS mit den
Grünen und Christdemokraten (KDU-CSL) regiert.
Analyse für mehr Atomenergie
In der vergangenen Woche war
in Tschechien eine vorläufige Analyse einer Regierungskommission präsentiert
worden, aus der hervorgeht, dass das Land über eine neue Quelle für
Atomenergie nachdenken muss. Tschechien betreibt zwei Atomkraftwerke -
Temelin mit zwei Reaktorblöcken und einer Gesamtleistung von 2.000 Megawatt
und Dukovany mit vier kleineren Blöcken und einer Gesamtleistung von 1.760
Megawatt. Die beiden AKW kommen gemeinsam für insgesamt 31 Prozent der
tschechischen Stromproduktion auf. Die Atombefürworter behaupten, dass wegen
des steigenden Energieverbrauchs zusätzliche atomare Kapazitäten nötig
seien. Immer wieder wird über den Bau zweier weiterer Reaktorblöcke in
Temelin spekuliert.