Schuldspruch

Lucas Mutter muss ein Jahr hinter Gitter

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Der Grund ist Vernachlässigung der Fürsorgepflicht. Der Säugling war im November 2007 im Alter von 17 Monaten an schweren Misshandlungen gestorben. Auch die Sozialarbeiterin wurde schuldig gesprochen.

Mit zwei Schuldsprüchen hat im Fall Luca am Montag der Prozess gegen die Kindesmutter und eine ehemalige Sozialarbeiterin am Innsbrucker Landesgericht geendet. Über die 24-jährige Mutter verhängte Richter Andreas Mair eine unbedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr. Die angeklagte Sozialarbeiterin verurteilte er zu einer bedingte Geldstrafe von 1.200 Euro. Beide Urteile waren nicht rechtskräftig. Der kleine Luca war im November 2007 nach schweren sexuellen Misshandlungen im Alter von 17 Monaten in einem Wiener Krankenhaus gestorben.

Ausgliefert
"Sie haben Luca seinem Peiniger ausgeliefert", sagte Mair in seiner Urteilsbegründung an die Mutter gerichtet. Demnach habe sie die Verpflichtung zur Fürsorge des kleinen Buben gröblich vernachlässigt und damit seine Gesundheit gefährdet. Sie hätte wissen müssen, dass ihr Freund für die Verletzungen verantwortlich sei. Trotzdem sei der Kontakt zum Lebensgefährten zugelassen worden, führte der Richter weiter aus. Die Wahrheit habe die Angeklagte immer so geschildert, wie es ihr gerade gepasst habe. Mair sah damit das Vergehen des "Quälens oder Vernachlässigens Unmündiger" erfüllt.

Wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung sprach Mair die 48-jährige, frühere Mitarbeiterin der Jugendwohlfahrt Schwaz schuldig. Ab einem bestimmten Zeitpunkt hätte sie Maßnahmen zum Schutz des Kindes ergreifen müssen, wie beispielsweise nachdem im Oktober 2007 bei Luca ein gebrochener Arm festgestellt wurde. "Man hätte die Kindesabnahme vornehmen müssen und das ist unterlassen worden", warf der Richter ihr vor. Er sei überzeugt davon, dass die Verletzungen und in Folge der Tod Lucas verhindert werden hätte können.

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Berufung
Mit Kopfschütteln und zum Teil unter Tränen verfolgten die Frauen die Urteilsverkündung. Zugute kam ihnen ihre Unbescholtenheit. Beide legten Berufung ein. Sie hatten sich nicht schuldig bekannt. Zuvor hatte der Verteidger der Mutter, Albert Heiss, im Schlussplädoyer noch versucht, die Unwissenheit der 24-Jährigen glaubhaft zu machen. Seine damals "verliebte" Mandantin habe nicht erkennen können, dass vonseiten ihres früheren Lebensgefährten eine Gefährlichkeit gegenüber ihren Kindern ausging.

Der Rechtsanwalt der Sozialarbeiterin, Markus Orgler, sah eine fahrlässige oder vorsätzliche Vorgehensweise seiner Mandantin nicht gegeben. Das Gesetz sei zu schwer zu durchblicken, um zu wissen, was wirklich zu tun sei. Anders hätte die Frau demnach nicht handeln können. Kein gutes Haar wurde am Verhalten der Ärzte vonseiten des Privatbeteiligtenvertreters von Lucas Vater gelassen: Viele hätten über die Verletzungen bescheid gewusst, die Anzeigen seien jedoch ausgeblieben.

Zeugen
In dem viertägigen Prozessreigen waren mehr als 30 Zeugen - darunter Mitarbeiter der Jugendwohlfahrten in Tirol und Niederösterreich und einer Familienbetreuungsstelle, zahlreiche Ärzte aus Innsbruck und Mödling sowie Familienmitglieder des Ex-Lebensgefährten der Mutter - verhört worden. Der mittlerweile rechtskräftig verurteilte ehemalige Lebensgefährte von Lucas Mutter hatte ebenfalls ausgesagt.

Er war im vergangenen September nach einem zweitägigen Prozess zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt worden. Einstimmig hatten die Geschworenen am Landesgericht Korneuburg den Mann des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen mit Todesfolge für schuldig befunden. Vergangenen Mittwoch wurde das Urteil vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Unklar war vorerst die Höhe der Strafe.

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