Kabinett Faymann II

Das sind die Pläne der neuen Regierung

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Faymann und Spindelegger gaben ersten Einblick in Koalitionspakt.

Für Kanzler Werner Faymann (SPÖ) wird das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen sichern, "dass Österreich auf seinem erfolgreichen Kurs bleibt". "Man muss das erfolgreiche Land Österreich nicht neu erfinden. Wir sind ein Vorbild in Europa", sagte Faymann angesichts der medialen Kritik an ausbleibenden großen Reformen. ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger sieht ein "gutes Programm".

Sparkurs wird fortgesetzt
Als Schwerpunkte der Regierung nannte Faymann die Sicherung von Pensionen, Gesundheits- und Pflegewesen sowie die Fortsetzung des Sparkurses, um weiterhin niedrige Zinsen für die Staatsschulden garantieren zu können.

Einsparungen in der Verwaltung
Außerdem werde es "wesentliche Änderungen" in der Verwaltung brauchen, um Mittel für Investitionen in Pflege, Bildung und Infrastruktur zu ermöglichen. Doppelgleisigkeiten bei den Förderungen werde man durchforsten (Stichwort: "Förderpyramide" und Transparenzdatenbank) und eine Deckelung für Verwaltungskosten festlegen.

Der Bund soll Einschau in die Förderungen der Länder (die Länder erhalten Einblick in jene des Bundes) erhalten, um mehrfache Zuschüsse künftig zu verhindern. Die Länder müssen bis 2018 fünf Milliarden Euro sparen.

Wachstums-Pakt
Außerdem soll es einen "Pakt für Wachstum" geben. Die Lohnnebenkosten sollen fallen, indem die Beiträge zum Insolvenz-Entgelt-Fonds per 1. Jänner 2015 und zur Unfallversicherung am 1. Jänner 2014 um jeweils 0,1 Prozentpunkte verringert werden.

Jeweils 100 Mio. Euro sollen in den kommenden beiden Jahren zusätzlich für "Offensivmaßnahmen für Wachstum und Beschäftigung" lockergemacht werden.

Handwerkskosten sollen im Kampf gegen die Schwarzarbeit bis maximal 6.000 Euro von der Steuer abgesetzt werden können.

Nulldefizit 2016 geplant
Aus Spindeleggers Sicht ist das "große Projekt" der Regierung, Österreich bis 2018 aus der Krise zu führen. Um das "strukturelle Nulldefizit" 2016 zu erreichen, sei es nötig, "dass wir uns über Reformen drübertrauen".

Arbeitsmarkt - Pensionen
Bis 2018 soll das faktische Pensionsantrittsalter von 58,4 auf 60,1 Jahre ansteigen. Dafür wird es ein Monitoring geben. Zudem kommt ein Bonus-Malus-System, um Frühpensionierungen zu reduzieren. Für Arbeitnehmer wird ab einem Alter von 62 Jahren die Möglichkeit einer Teilpension geschaffen. Dazu muss die Arbeitszeit bzw. das Einkommen zumindest um 30 Prozent reduziert werden.

Weiters gibt es laut ÖVP-Papier mehr Arbeitszeitflexibilisierung: Demnach soll bei Gleitzeitmodellen bis zu 12 Stunden lang gearbeitet werden können, um Spitzen abzudecken und Konjunkturflauten zu bewältigen, die Regelarbeitszeit und Regelwochenarbeitszeit bleiben gleich. Im SPÖ-Papier heißt es dazu nur, dass Gleitzeit durch Anpassung von Arbeitszeiten für Arbeitnehmer besser mit Familie und Freizeitgestaltung vereinbar werden könne.

Privatisierungen - "ÖIAG neu"
Nicht sofort durchgeführt werden sollen die zuletzt von der ÖVP geforderten Privatisierungen. Darüber werde man reden "wenn wir den Zeitpunkt für richtig halten", sagte Spindelegger - und zwar im Rahmen einer "ÖIAG neu".

Die Staatsholding soll „Zu- und Verkäufe“ von Staatsbetrieben in dieser Legislaturperiode überprüfen. Privatisierungen sollen bis zu relevanten Beteiligungsgrößen - also einer Sperrminorität von 25 Prozent - ermöglicht werden.

Laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sind Privatisierungen sehr wohl vorgesehen. Zwar würden etwa die Post (Staatsanteil 52,85 Prozent), OMV (31,5 Prozent) und Telekom Austria (28,42 Prozent) nicht explizit erwähnt. Der Staat habe aber immerhin 127 Beteiligungen.

Steuer-Erhöhungen
Bestätigt wurde von Faymann, dass es "Indexanpassungen" bei Steuern geben werden, "die aber nicht vergleichbar sind mit einer Mehrwertsteuererhöhung wie sie fast alle Länder Europas vorgenommen haben, wenn sie von sparen reden".

An Steuererhöhungen soll - wie schon bekannt - die Wiedereinführung der Schaumweinsteuer (ein Euro pro Liter) kommen. Auch eine Erhöhung der Alkoholsteuer um 20 Prozent sowie die Besteuerung gesundheitsschädlicher Produkte wird genannt. Die Anhebung der Tabaksteuer um insgesamt 45 Cent soll stufenweise in den kommenden vier Jahren erfolgen. Die motorbezogene KFZ-Steuer soll reformiert werden, damit sollen Fahrzeuge mit höherer Motorleistung auch teurer kommen. Auch eine Reform der Normverbrauchsabgabe in diese Richtung ist geplant. Laut Staatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) werde jeder Österreicher im Schnitt 120 Euro pro Jahr mehr an Steuern zahlen müssen.

Ebenfalls im Vorfeld bereits durchgesickert: Steuerliche Begünstigungen für Unternehmen werden teilweise reduziert. Die Gruppenbesteuerung soll auf den EWR-Raum eingeschränkt werden.

Steuerreform 2015
Zur Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen soll im Finanzministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, die bis Ende 2014 einen "Reformpfad zur Harmonisierung und Steuervereinfachung" vorlegen soll; bringen sollen die diese Entbürokratisierung u.a. eine vereinfachte Einkommenssteuererklärungen. Ziel ist, den Eingangssteuersatz in Richtung 25 Prozent zu senken.

Schule
Die von der SPÖ favorisierte Gesamtschule für die Zehn- bis 14-Jährigen kommt nicht. Die Volkspartei jubiliert, dass "die Wahlfreiheit im Bildungssystem (...) gesichert" sei und das Gymnasium in derzeitiger Form erhalten bleibe.

Die Umstellung auf Ganztagsschulen soll vorangetrieben werden. Künftig muss an jedem Standort "mindestens eine Klasse pro Jahrgang" ganztägig geführt werden.

Das letzte, verpflichtende Kindergartenjahr und die ersten beiden Volksschuljahre sollen zu einer "gemeinsamen Schuleingangsphase" werden. Für Kinder mit Sprachproblemen soll es verpflichtende Intensivkurse geben.

Gesundheit
Die Kosten für Kieferregulierungen, festsitzenden Zahnersatz und Mundhygiene für Kinder und Jugendliche werden künftig von den Krankenkassen übernommen. Außerdem wird der Spitalskostenbeitrag für Kinder und Jugendliche abgeschafft. Zur besseren Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche wird ein Gesundheitspass für 7- bis 18-Jährige eingeführt.

Der Pflegefonds wird bis 2018 verlängert. Dafür stellt die neue Koalition 700 Millionen Euro bereit. Die 24-Stunden-Betreuung soll durch eine Integration in den Pflegefonds abgesichert werden.

Infrastruktur
Die in Aussicht gestellte Breitbandmilliarde findet sich in einem SPÖ-Papier, in dem das Regierungsprogramm aufbereitet wird, nicht wieder. Es heißt lediglich: "Hier wird eine digitale Offensive gestartet."

Am Investitionsprogramm aus dem Jahre 2010 für die Autobahnholding Asfinag ändert sich nichts, der Plan galt damals für sechs Jahre. Von 2014 bis 2018 seien 7,1 Mrd. Euro eingeplant, die Hälfte davon geht in die Verkehrssicherheit und hier wiederum vorrangig in die Verbesserung der Tunnel.

Bei den staatlichen ÖBB soll der Rahmenplan weiterentwickelt werden, unter anderem soll ein integrierter Taktfahrplan eingeführt werden. Die drei umstrittenen Tunnelprojekte Semmering, Koralm und Brenner werden nicht erwähnt, allerdings heißt es: "Sowohl der Ausbau der großen Achsen, insbesondere der Südachse, als auch die Modernisierung des Bestandsnetzes, die Bahnhofsoffensive und die Güterterminals wird weiter geführt."

Hochschulen
Im Hochschulbereich dürfte es wenig Neues geben. Die SPÖ-Formulierung, dass neoliberale Ideen wie "Studiengebühren" verhindert werden konnten, lässt darauf schließen, dass die gegenwärtige eingeschränkte Gebührenregelung beibehalten wird.

Forschung
Unter dem Titel "Offensivmaßnahmen" will die Regierung 300 Mio. Euro in die Forschungsförderung investieren, das wären über die Legislaturperiode gerechnet 60 Mio. Euro zusätzlich.

Faymann zeigte sich überzeugt, dass SPÖ und ÖVP sich nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt hätten sondern auf "das beste von beiden" und dankte gleich eingangs dem "lieben Michael" für die "sehr konstruktiven Verhandlungen".

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