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Fehlschläge verhageln Siemens den Gewinn

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Sonderlasten in Milliardenhöhe belasten den Technologiekonzern.

Verpatzte Projekte und Vertragsstrafen: Sonderlasten in Milliardenhöhe haben Siemens im vergangenen Quartal schwer ins Kontor geschlagen. Der Gewinn des Technologiekonzerns brach um zwei Drittel auf 501 Mio. Euro ein, wie Siemens am Donnerstag mitteilte. Der Umsatz stieg lediglich um zwei Prozent auf 17,84 Mrd. Euro. Wer nach diesen Quartalszahlen darauf setzte, dass Siemens-Chef Peter Löscher wenigstens die Zukunft rosig malt, wurde enttäuscht. Der Manager sorgt sich zunehmend um die Weltwirtschaft. "Unsere Märkte sind zwar weiter robust, aber die Risiken des weltwirtschaftlichen Umfelds nehmen derzeit eher zu", sagte der Vorstandschef. Damit zeigte sich Löscher deutlich skeptischer als die großen Rivalen ABB und GE. Die Konjunkturentwicklung beginnt bereits die Aussichten für einen Börsengang der Lampentochter Osram zu trüben.

Siemens-Aktie gab nach
An der Börse fiel die Reaktion eindeutig aus, obwohl Siemens an seiner Jahresprognose von einem Gewinn im fortgeführtem Geschäft von 7,5 Mrd. Euro festhielt: Die Siemens-Aktie gab knapp zwei Prozent nach. Die Analysten der Credit Suisse nannten die Zahlen enttäuschend. "Das Unternehmen steht vor einigen Herausforderungen, darunter der Osram-IPO, die notleidende NSN und weitere Verluste durch die Trennung von SIS", urteilte WestLB-Analyst Thomas Langer.

Vertragsstrafe für Ausstieg aus Areva-Kooperation
Der Gewinn des Konzerns litt nicht zuletzt unter der Vertragsstrafe für den Ausstieg aus Areva NP. Allein diese Zahlung für den vertragswidrigen Abschied aus dem Atom-Joint-Venture mit der französischen Areva schlug mit 680 Mio. Euro zu Buche. Ob Siemens eine neue Atom-Gemeinschaft mit der russischen Rosatom eingeht, werde in den nächsten Wochen verkündet, sagte Löscher. Die Münchner hatten zuletzt allerdings Signale ausgesandt, dass sie diese Pläne nach der Reaktorhavarie in Fukushima fallen lässt.

Zusammen mit Fehlschlägen in der Medizintechnik und anhaltenden Kosten für die Trennung von der IT-Sparte SIS summierten sich die Lasten im Quartal vor Steuern auf gut 1,4 Mrd. Euro.

Medizintechnik wird zum Sorgenkind
Die Entwicklung der lange Zeit erfolgreichen Medizintechnik bereitet Siemens zunehmend Kopfzerbrechen. Eine ehrgeizig verfolgte Krebstherapie wird für Siemens zum Millionengrab. Ein verpatztes Projekt in der Uniklinik Marburg brockte Siemens eine Sonderlast von gut 380 Mio. Euro ein. Eine ähnliche Anlage in Kiel steht ebenfalls auf der Kippe. Die für Milliarden zusammengekaufte Labordiagnostiksparte wirft weiterhin weniger ab als geplant. Zudem belasteten der Spartrend im Gesundheitswesen, vor allem in Europa, das Geschäftsfeld: "Das wird mehrere Jahre so bleiben", sagte Konzernchef Löscher.

Energietechnik-Geschäft brummt
Das Geschäft mit Industrieausrüstung und Energietechnik brumme indes derzeit weiterhin, sagte Löscher. Doch in der Windenergie spürt Siemens den Atem der Konkurrenten im Nacken. Der Markt werde immer wettbewerbsintensiver, klagte Siemens. Vor allem Anbieter aus Schwellenländer drängten verstärkt auf den Markt.

Osram-Börsengang wie geplant im Herbst
Trotz zunehmender Unsicherheiten hält Siemens an den Plänen fest, die Lampentochter Osram im Herbst an die Börse zu bringen. Allerdings wacht Finanzchef Joe Kaeser verstärkt über die Firma: Der Zeitplan für den Börsengang müsste vielleicht nochmals überprüft werden, wenn sich herausstellen sollte, dass Osram am Beginn eines Branchenabschwungs steht, sagte er in einer Telefonkonferenz. Zuletzt schon wuchs der Druck auf die Tochter: Der Gewinn ging wegen des wachsenden Preiskampfes und hoher Rohstoffkosten um ein Viertel auf 56 Mio. Euro zurück. Der Umsatz sei verglichen mit dem Vorjahr leicht auf 1,16 Mrd. Euro gestiegen.

Weiter Suche nach Lösung für Nokia Siemens Networks
Für das verlustgeplagte Gemeinschaftsunternehmen NSN suchen die Mütter Siemens und Nokia weiterhin nach einer Lösung. Es werde geprüft, ob der Telefonnetzbauer eine Finanzspritze brauche, um konkurrenzfähiger zu werden, sagte Kaeser. Zunächst müsse NSN allerdings den Markt für Unternehmensanleihen ausloten, um sich frisches Geld zu besorgen. Es sei offen, ob die beiden Eigentümer Eigenkapital nachschießen müssten. Die Partner waren zuletzt damit gescheitert, NSN-Anteile an Finanzinvestoren weiterzureichen.

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