Wettlauf ins All

Amazon: Starlink-Konkurrent „Project Kuiper“ mit 27 Satelliten gestartet

Am Abend des 28. April 2025 hat Amazon seinen ersten großen Schritt in Richtung weltweites Satelliteninternet gemacht. Mit dem Start von 27 eigenen Satelliten im Rahmen des „Project Kuiper“ beginnt das Unternehmen, mit SpaceX und anderen Anbietern zu konkurrieren. 

Doch dieser Fortschritt hat eine Schattenseite: Der erdnahe Weltraum wird zunehmend voller – und das birgt ernsthafte Risiken für alle Beteiligten.

Amazons Einstieg ins Satelliteninternet

Amazon hat mit dem Start seiner ersten „Project Kuiper“-Satelliten den Einstieg in den umkämpften Markt für satellitengestützten Internetzugang vollzogen. Die 27 neu gestarteten Satelliten umkreisen nun die Erde und sind Teil eines geplanten Netzwerks, das später über 1.000 Satelliten umfassen soll. Ziel ist es, Internet in abgelegene Gegenden zu bringen, auch dort, wo Naturkatastrophen oder Konflikte die Infrastruktur zerstört haben.

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Ein neues Kapitel im Orbit: Amazon bringt die ersten Kuiper-Satelliten ins All. 

© Amazon

Amazon ist damit nicht allein: SpaceX mit seinem Starlink-Projekt ist bereits stark vertreten, ebenso wie das britische Unternehmen OneWeb, das sich 2023 mit dem französischen Anbieter Eutelsat zusammengeschlossen hat. Auch in China sind große Vorhaben im Gange: Das staatlich unterstützte Projekt „Guowang“ und das kommerzielle Projekt „Qianfan“ (auf Deutsch: „Tausend Segel“) planen Tausende Satellitenstarts. Bis zu 15.000 Satelliten sollen laut Plan allein bei Qianfan in den Orbit gebracht werden.

Rekordzahl an neuen Objekten im All

Laut einem aktuellen Bericht der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) wurden im Jahr 2024 mehr als 2.500 neue Objekte in den erdnahen Orbit geschossen – das ist mehr als das Fünffache im Vergleich zu allen Jahren vor 2020. Der Großteil dieser Starts dient dem Aufbau kommerzieller Satellitennetzwerke. Setzt sich dieser Trend fort, könnten laut ESA bis zum Jahr 2050 rund 50.000 Objekte mit einer Größe von mehr als zehn Zentimetern in dieser Umlaufbahn unterwegs sein. Pro Tag werden derzeit etwa acht Satelliten gestartet – das entspricht einem Gewicht von rund vier Tonnen Material, das täglich ins All gebracht wird.

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Ein neuer Mitspieler im Orbit: Amazon fordert mit Kuiper das Starlink-System heraus. 

© Amazon

Kollisionen im Orbit: Eine reale Gefahr

Neben den funktionierenden Satelliten befinden sich Millionen von Trümmerteilen im All – viele davon bewegen sich mit extrem hoher Geschwindigkeit. Mehr als 1,2 Millionen dieser Objekte sind laut ESA groß genug, um bei einem Zusammenstoß schwere Schäden zu verursachen. Wenn zwei Objekte kollidieren, können Hunderte neuer Trümmerteile entstehen. Diese können wiederum neue Zusammenstöße verursachen.

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Amazons Kuiper-System soll je nach Modell Übertragungsraten von bis zu 100 Mbps, 400 Mbps oder 1 Gbps ermöglichen. 

© Amazon

Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang vom sogenannten Kessler-Syndrom – einem Dominoeffekt, der den gesamten Orbit unbrauchbar machen könnte. Auch andere Faktoren verschärfen die Lage: Der Klimawandel führt dazu, dass sich die obere Atmosphäre zusammenzieht. Dadurch sinkt ihre Fähigkeit, alte Satelliten oder Trümmerteile zurück in die Erdatmosphäre zu ziehen, wo sie verglühen würden.

Fehlende Regeln und globale Verantwortung

Obwohl das Problem bekannt ist, gibt es bisher keine verbindlichen internationalen Regeln für den Umgang mit Objekten im Orbit. Derzeit verlassen sich viele Betreiber auf Daten des US-Militärs, das die Position von Objekten verfolgt und Kataloge regelmäßig aktualisiert. Amazon hat bisher keine Angaben gemacht, wie die eigenen Kuiper-Satelliten am Ende ihrer Lebensdauer sicher aus dem Orbit entfernt werden sollen. Auch die Koordination zwischen verschiedenen Anbietern bleibt ein Problem: Wenn ein Satellit von Starlink und einer von Kuiper auf Kollisionskurs sind, muss mindestens einer seine Position ändern – das kostet Treibstoff und damit Geld.

Wer entscheidet, wer ausweichen muss? Aktuell gibt es keine festgelegten Zuständigkeiten.

Fast-Kollisionen keine Seltenheit

Ein beinahe folgenschwerer Vorfall ereignete sich im Jahr 2019: Ein Satellit der Europäischen Weltraumorganisation musste einem Starlink-Satelliten kurzfristig ausweichen. Eine Kollision hätte weitreichende Folgen gehabt, doch eine Kontaktaufnahme mit SpaceX war gescheitert – angeblich wegen eines technischen Fehlers bei der Verarbeitung einer Warn-Mail.

 

Solche Zwischenfälle zeigen: Es braucht klare Abläufe. Bisher gibt es jedoch keine internationalen Gesetze, die solche Situationen regeln. Die letzten verbindlichen Vereinbarungen stammen aus dem Jahr 1967 (UNO-Weltraumvertrag), einer Zeit, in der private Raumfahrtunternehmen noch Zukunftsmusik waren.

Ein Wettlauf – ohne Spielregeln

Josef Aschbacher, Generaldirektor der ESA, bringt es auf den Punkt: „Weltraumschrott ist ein Problem – und wir müssen handeln.“ Statt auf langsame internationale Prozesse zu warten, fordern Fachleute, dass die Unternehmen selbst Regeln schaffen. SpaceX zum Beispiel hätte genug Erfahrung, um sinnvolle Standards vorzuschlagen. Ein koordiniertes Vorgehen sei auch im Interesse der Betreiber selbst, sagt Weltraumexperte Vishnu Reddy von der Universität Arizona. Denn eines ist sicher: Ohne gemeinsame Absprachen droht der Weltraum in naher Zukunft unbenutzbar zu werden – mit Folgen für Kommunikation, Navigation und Forschung weltweit.

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