AMS-Chef Johannes Kopf sprach im ZiB2-Interview mit Armin Wolf über die steigende Arbeitslosigkeit und bestätigt, dass das Land ein Teilzeit-Problem hat.
Im Juli waren 359.375 Menschen beim AMS als arbeitslos gemeldet, das bedeutet einen Anstieg von gut 18.000 Personen im Vergleich zum Vorjahr. AMS-Chef Johannes Kopf meinte dazu im Gespräch mit Armin Wolf in der ZiB2, dass ihm die niedrig qualifizierten arbeitslosen Personen besonders Sorgen machen.
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Wien hat dreimal so viele Arbeitslose wie der Rest des Landes. Für Kopf sei das allerdings eine logische Konsequenz. "Es ist eine ungeheuer wachsende Stadt. Wien hat nicht genügend Arbeitsplätze für so viele Menschen." Dass der Anstieg der arbeitslosen Akademiker (+13 Prozent) besonders stark ist, beruhigt ihn allerdings nicht. Grund dafür seien etwa viele neue Studiengänge. So sind zum Beispiel seit kurzem auch Pflegeausbildungen akademisch. Heißt, dass es "viel mehr Akademiker als früher" gebe.
Ein großes Sorgenkind sei hingegen der Sektor der Automotive. Denn dort steigen die Arbeitslosenzahlen rasant an, dazu kommt noch der Zoll-Hammer von Donald Trump. "Das Kuriose ist, man muss dennoch dankbar sein für 15 % Zölle. Es hätten auch 25 % sein können. Es ist eine sehr schlechte Nachricht, ich hoffe, dass andere Industriebereiche, wo die Arbeitslosigkeit niedriger ist, Arbeitskräfte aufnehmen können."
Wirtschaftskrise hält an
Für Kopf ist auch hinblickend auf die anstehenden Herbstlohnrunden klar, dass Österreich an Wettbewerbsfähigkeit wegen der hohen Inflation verloren hat. Weil Österreich als "einziges Land in der Eurozone" weiter in Rezession ist, rechnet er mit einer anhaltenden Wirtschaftskrise des Landes.
Wolf sprach in dem Gespräch auch die zuletzt hitzig geführte Debatte der Teilzeit an. Dem Vernehmen nach sollte sich das AMS über mehr Teilzeit freuen, weil dann weniger Leute arbeitslos wären. Kopf bestätigt, dass die Arbeitslosenzahlen noch viel höher wären, wenn alle nur Vollzeit arbeiten würden. Dennoch schlägt er Alarm: "Würden alle nur Vollzeit arbeiten, hätten wir viel mehr arbeitssuchende Personen." Doch er rechnet vor. Zwischen dem Jahr 2023 und 2024 wurde so viel weniger gearbeitet, als hätte man 60.000 Vollzeit-equivalente Jobs verloren.
Er räumt ein, dass die Arbeitslosenzahlen durch die Teilzeit zwar besser aussehen als die Realität, mahnt aber, dass die Wettbewerbsfähigkeit und die Sozialsysteme Österreichs darunter leiden. "Die Gesamtmenge an geleisteter Arbeitszeit ist trotz steigender Bevölkerung gleichbleibend", führt er weiter aus. Das sei für Kopf der Grund, warum man über den Umgang mit Teilzeit sehr wohl nachdenken müsse.
Kopf: "Der Staat ist mächtig genug"
Dabei nimmt er umgehend die Politik in die Pflicht: "Der Staat ist mächtig genug, um Bewegung in dem Bereich zu machen. Und er kann einiges tun, damit Menschen wieder arbeiten können." Kritik gab es auch an dem Sozialsystem. Kopf sagt, dass man das Steuersystem überdenken müsse. So soll für den AMS-Chef eine Teilzeit-Arbeitende Person einen höheren Beitrag leisten, wenn ihr Partner ein Besser-Verdiener sei. Dafür nennt er sich selbst und seine Frau als Beispiel, sofern sie Teilzeit arbeiten wolle.
Dann lässt er die Bombe im Gespräch platzen: "Ja, wir haben ein Teilzeit-Problem", gesteht er einem Journalisten wenige Stunden zuvor gesagt zu haben und schildert: "Der Hauptgrund ist dennoch mangelnde Kinderbetreuung", so nennt er als Beispiel viele Personen, die unter dem Jahr Vollzeit arbeiten, damit sie in der Ferienzeit frei nehmen können, um sich um ihre Kinder zu kümmern, denn da sei das Angebot noch zu gering.