Alte großzügigere Grenzen für Aufzeichnungspflicht sind wieder in Kraft.
Das Finanzministerium hat am Mittwoch eine Aufreger-Richtlinie zurück genommen, die den Kauf von Bier, Wein, Spirituosen, aber auch von Limos oder Mineralwasser an den Supermarktkassen ab etwas größeren Haushaltsmengen unter Ausweiszwang gestellt hatte. Der Erlass war nur einen Monat lang in Kraft.
Vollständige Rücknahme
Ministersprecher Harald Waiglein begründete die vollständige Rücknahme der Richtlinie damit, dass in der kurzen Zeit keine Reparaturlösung möglich war, mit der alle leben konnten. Zuvor hatte der Sprecher eingeräumt, dass die Betrugsbekämpfer im Ministerium mit den engen Limits übers Ziel geschossen seien. Waiglein sprach von einer "unseligen" Richtlinie, die während der Begutachtungsfrist nicht einmal die betroffenen Branchen als "Bombe" erkannt hätten. Die Verschärfung galt dem Kampf gegen Schwarzverkäufe bei Wirten, der auch so fortgesetzt werde.
Name und Adresse
Dass die Kunden an den Supermarktkassen Name und Adresse abliefern mussten, sobald sie mehr als zwei Kisten Bier oder drei Kisten Mineralwasser bezahlen wollten, hat medial erst einen ganzen Monat nach Inkrafttreten gestern Abend für einen breiteren Sturm der Entrüstung gesorgt. Mittwochmittag kam die offizielle Entwarnung auch von der Wirtschaftskammer:
"Wer drei Kisten Mineralwasser oder mehr als zwei Kisten Bier oder mehr als 10 Liter Wein bei einem Händler oder Gastronomiebetrieb kauft, muss in Österreich - so wie bisher auch - Namen und Adresse nicht angeben."
Aufzeichnungspflicht
Ab nun gilt die Aufzeichnungspflicht wieder bei den alten Mengengrenzen beim Einkauf von Getränken: 100 Liter Bier, 60 Liter Wein, 15 Liter Schnaps und 120 Liter bei alkoholfreien Getränken.
Den ganzen Vormittag haben heute Experten des Finanzministeriums und der Wirtschaftskammer um eine Reparatur der umstrittenen Richtlinie gerungen. Ralf Kronberger, Leiter der Finanzpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer, bewertete den mittlerweile nichtigen Erlass für Lebensmittelhandel, Gastronomie und Winzer als eine hohe zusätzliche bürokratische Hürde und für den einzelnen Konsumenten unzumutbar. "Kein Käufer, der für eine private Geburtstagsfeier größere Getränkemengen einkauft, versteht, dass er sich dann mit Name und Adresse registrieren lassen soll."
Heftige Kritik
Das Finanzministerium habe auf die Kritik der Wirtschaft rasch und verständnisvoll reagiert und die Erlass-Regelung noch heute Mittag zurückgenommen, lobte die Wirtschaftskammer. Kronberger: "Die Wirtschaft ist selbstverständlich nicht gegen Betrugsbekämpfung. Aber dafür haben die alten Mengengrenzen für verpflichtende Aufzeichnungen auch ausgereicht, ohne dass es zu einem gewaltigen Verwaltungsmehraufwand geführt hätte. Wir begrüßen die rasche und richtige Entscheidung des Finanzministeriums."
Nicht nur in unserem Internetforum wurde gegen künftig "ausweispflichtige Geburtstagsfeiern" geätzt. Auch Ottakringer-Chef Sigi Menz sprach von einem "unglaublichen Schildbürgerstreich. Die Regierung schafft keine Verwaltungsreform, keine Bildungsreform, keine Pensionsreform, keine Gesundheitsreform. Alles was sie schafft, ist die Bürger mit Aktionen wie dieser auf die Palme zu bringen. Es ist schlicht unfassbar."
Menz kann sich nun ebenso wie erzürnte Abgeordnete wieder zurück lehnen. Der umstrittene Erlass ist als einer der Erlässe mit der kürzesten Lebensdauer in die Geschichte der heimischen Bürokratie eingegangen.