Noch keine Einigung über Aufteilung der Opel-Hilfen

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Die Aufteilung der Staatshilfe in Höhe von 4,6 Mrd. Euro für die Opel-Rettung ist in Europa noch nicht geklärt. Nach einem Treffen mit sechs Opel-Standort-Ländern und der EU-Kommission erklärte das deutsche Wirtschaftsministerium in Berlin, für eine Entscheidung fehlten noch Informationen. Dazu gehörten ein detaillierter Plan des kanadisch-österreichischen Autozulieferers Magna für die Übernahme und das Sanierungsgutachten eines Wirtschaftsprüfers.

Auch ein österreichischer Spitzenbeamter hatte an dem Treffen teilgenommen. Zur Rettung Opels soll Österreich die Haftung für Kredite über 157 Mio. Euro übernehmen. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (V) erklärte aber, man müsse prüfen, "ob die Wünsche von Opel/Magna überhaupt mit den gesetzlichen Bedingungen nach dem Unternehmensliquiditätssicherungsgesetz übereinstimmen".

"Konkrete Finanzierungszusagen sind erst möglich, wenn dieser Prüfungsprozess abgeschlossen ist", erklärte das deutsche Ministerium. Es kündigte an, die Gespräche würden in naher Zukunft auf Fachebene fortgesetzt.

Vorbehalte in Spanien

Große Länder äußerten Vorbehalte gegen die Übernahme des deutschen Autobauers durch Magna. Der spanische Industrieminister Miguel Sebastian sagte, für sein Land sei das überzeugendste Konzept für Opel vom Finanzinvestor RHJI gekommen. Der Minister kritisierte: "Heute werden wir aufgefordert, uns an einem Projekt finanziell zu beteiligen, das wir nicht unterstützen".

Widerstand gegen Magna kommt auch aus Belgien. Denn das Übernahmekonzept sieht vor, das Opel-Werk in Antwerpen zu schließen. Zu dem Treffen hatte sich auch der belgische Außenminister Yves Leterme angekündigt.

Der britische Premierminister Gordon Brown sagte bei einer Werksbesichtigung ein einem Werk der Opel-Schwester Vauxhall die Fortführung staatliche Hilfen für den Fall zu, dass die Arbeitsplätze gesichert blieben. In Großbritannien ist vor allem das Werk in Luton, wo Kleintransporter produziert werden, vom Stellenabbau bedroht.

Auch EU-Industriekommissar Günter Verheugen schickte einen Vertreter. Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat bereits angekündigt zu prüfen, ob die von der deutschen Regierung in Aussicht gestellten Hilfen "an protektionistische Bedingungen" geknüpft worden seien. Unzulässig wäre vor allem, die Bürgschaften und Kredite in Höhe von 4,5 Mrd. Euro mit dem Erhalt bestimmter Standorte zu verbinden.

Österreich soll Haftung über 157 Mio. Euro übernehmen

Österreich, das das Powertrain-Werk in Wien-Aspern beherbergt, würde nach einem der diskutierten Aufteilungsschlüssel Haftungen von 157 Mio. Euro übernehmen müssen. Allerdings seien derzeit noch einige Fragen offen, die die Haftung Österreichs auch geringer ausfallen lassen könnten, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium.

Einige Staaten wollen statt der Mitarbeiterzahl die Lohnsumme als Aufteilungskriterium. Andere wollen jene Stellen herausrechnen, die abgebaut werden. Außerdem gilt nach EU-Wettbewerbsrecht, dass Haftungen mit der Lohnsumme des Unternehmens begrenzt sind. Das würde die Summe auf 3,3 Mrd. Euro beschränken. Besteht die EU auf dieser Obergrenze, dann würden auf Österreich vielleicht auch nur etwas mehr als 100 Mio. Euro an Haftungen entfallen.

Magna-Vorstandschef Siegfried Wolf erklärte, er rechne nicht damit, dass die Rettung des Autobauers Opel von der EU-Kommission noch gestoppt wird. "Die gesamte Überlegung beruht auf Wirtschaftlichkeit, und ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand etwas gegen Wirtschaftlichkeit hat", sagte Wolf auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt: "Wenn Dummheiten gemacht werden würden, dann würde ich es verstehen."

Auch Opel-Chef Carl-Peter Forster machte deutlich, dass er keine europarechtliche Probleme bei der staatlich abgesicherten Übernahme von Opel durch Magna und die russische Sberbank erwartet. Alle Entscheidungen seien auf wirtschaftlicher und nicht auf politischer Basis getroffen worden.

Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz sagte, dass er sich mit der geplanten Schließung des Antwerpener Opel-Werks nicht abfinden will. Es bleibe bei der Forderung der Arbeitnehmer, es dürfe keine Werksschließungen und keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Am 23. September würden sich die europäischen Gewerkschaften daher in Antwerpen treffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

BMW und VW drohten Magna wegen Opel

Die geplante Opel-Übernahme durch Magna stößt bei den Kunden des Zulieferers auf Widerstand. Sowohl VW als auch BMW wollen ihre Zusammenarbeit überdenken. Sie drohen aus Angst vor dem Abfluss technologischen Wissens mit dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen. VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech brachte die Bedenken der Hersteller auf der IAA in Frankfurt auf den Punkt: "Wir als Konzern mögen es nicht, wenn aus unseren Zulieferern unsere Konkurrenten werden."

BMW-Finanzchef Friedrich Eichiner wiederum sagte: "Wir hatten bisher eine sehr gute Zusammenarbeit mit Magna, aber da hat sich die Strategie geändert." Eichiner fügte hinzu: "Insofern müssen wir schon darüber nachdenken, welche Technologie wollen wir in die Hände eines Konkurrenten geben. Das muss jetzt sicher überdacht werden." Entschieden sei aber noch nichts. Magna produziert für BMW derzeit unter anderem den kleinen Geländewagen X3 und Komponenten. Die Produktion des X3 in Graz läuft aber 2010 aus.

Hingegen hält der Daimler-Konzern an der Zusammenarbeit mit dem Zulieferer fest. Die Beziehung zu dem österreichisch-kanadischen Unternehmen werde nicht infrage gestellt, sagte Vorstandschef Dieter Zetsche auf der IAA in Frankfurt. Er glaube, dass es auch nach der geplanten Übernahme von Opel eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Magna geben werde. Die beiden Unternehmen arbeiten bei der Mercedes-Benz G-Klasse zusammen.

Magna-Europa-Chef Siegfried Wolf hatte sich in der Debatte zuletzt gelassen gezeigt. Jeder Kunde werde es sich gut überlegen, bevor er auf die wettbewerbsfähigen Produkte verzichtet. "Magna hat bis heute keinen einzigen Auftrag in einem Schönheitswettbewerb gewonnen, sondern weil wir im Thema Qualität, Technologie und Preis wettbewerbsfähig sind." Außerdem werde Magna das Komponentengeschäft strikt vom Autogeschäft trennen. "Es wird keine organisatorischen oder personellen Überschneidungen geben", versprach Wolf.

Wolf verspricht strikte Trennung

Wolf hat erneut die strikte Trennung zwischen der künftigen Opel-Gesellschaft und dem angestammten Zulieferbereich von Magna International beteuert. "Magna bleibt Magna, New Opel wird New Opel - das eine hat mit dem anderen nichts zu tun", sagte Wolf in einem Interview mit der ZiB2 des ORF. Wolf bezeichnete die vom deutschen Staat in Aussicht gestellten Haftungen von zusammen 4,5 Mrd. Euro als sicher ausreichend und verteidigte die Strategie Opels, auf den Automarkt Russland zu setzen.

"Ich sehe Russland als wichtigen Wachstumsmarkt für New Opel", Partner Sberbank habe sich vertraglich verpflichtet, beim Aufbau der Autoindustrie mitzuhelfen, konterte Wolf Befürchtungen, der russsiche Partner könnte eine andere Richtung einschlagen als Magna selbst.

Die deutschen Staatsgarantien bezeichnete Wolf als "teures Geld, das wieder zurückgezahlt werden" müsse. Zur Kritik an dem geplanten Deal durch Regierungen anderer europäischer Länder, meinte er, es sei selbstverständlich legitim, das geplante Sanierungskonzept "sorgfältig zu diskutieren." Wolf verwies auf die Unterstützung durch den englischen Regierungschef Gordon Brown. Die Regierungen Belgiens und Spaniens, wo Werke geschlossen werden sollen, weigern sich dagegen, das Konzept zu unterstützen.

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