100 Mio. Euro investiert

BAWAG begibt sich auf Kundenjagd

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Wechselwillige Bankklienten und Postamtskunden sind im Visier der BAWAG.

100 Millionen Euro steckt die BAWAG PSK derzeit ins Retailgeschäft. Der für Privat- und Geschäftskunden zuständige Vorstand Wolfgang Klein spricht vom künftig größten zentral gesteuerten Filialnetz Österreichs. Ziel einer im März begonnenen Filialoffensive mit der Post sind 520 Filialen bis 2012 - kommend von 150 Niederlassungen. Meist sind es ehemalige Postämter. Bis Mai wurden schon 55 neue Stellen eröffnet. Zu den 1,6 Millionen Bankkunden sollen heuer mindestens 85.000 neue dazukommen. "Das Herz der BAWAG ist das Retailgeschäft und das hat wieder angefangen zu schlagen", sagte Klein vor Journalisten in Wien. "Wir sind wieder da."

Ziele bis 2015
Im Schnitt will die Bank bis 2015 jedes Jahr 100.000 neue Girokonten verkaufen, die Neukreditvergabe soll auf 1,96 Mrd. Euro fast verdoppelt werden, im Wertpapier- und Versicherungsabsatz sind ebenfalls zweistellige Zuwächse das Ziel. Für Klein hat gerade die BAWAG PSK ein einzigartiges Kundenpotenzial, wegen der 190.000 Kundenkontakte am Tag. Das sind primär Postamtskunden. 8 bis 10 Prozent der Bankkunden seien generell wechselbereit, das wisse man von Studien. Das ergäbe im Fall der BAWAG 15.000 mögliche Neukunden am Tag.

Klein: "Bei unseren Mitbewerbern besuchen nur eigene Kunden die Bank. Bei uns sind von zehn Menschen, die eine Filiale betreten, sieben noch nicht unsere Bankkunden".

Bankensteuer
Zu den Reizthemen Bankensteuer und "Basel III" äußerte sich Klein, vor seinem Eintritt bei der BAWAG im November 2010 lange Jahre Chef der Deutschen Postbank, zurückhaltend. Die Bankensteuer sei "natürlich" eine Kostenkomponente. Man hoffe, die Effizienz so weit zu steigern, dass die neue Steuer nicht an die Kunden weitergegeben werden müsse. Pläne, die Steuer zu erhöhen, ließen ihn "nicht gerade in Sympathiegeschrei ausbrechen, das ist klar", meinte Klein heute. Wieviel Bankensteuer bei der BAWAG im ersten Quartal anfiel, sagte er nicht.

Zu der in scharfe Politikerschelte verpackten Kritik des Erste-Chefs Andreas Treichl am neuen Eigenkapitalregime Basel III blieb Klein ebenfalls ausweichend. In innenpolitische Themen wolle er sich als aus dem Ausland Zugereister nicht äußern. Faktum sei, dass Staatsanleihen erster Bonität anders mit Eigenkapital zu unterlegen seien als Unternehmenskredite. Wobei lang diskutiert werden könne, was erste Bonität sei. Bei rechtlichen Rahmen, auch zum Kapital, sei es wie beim Wetter. "Ich beklage mich nicht darüber."

Im Besitz von Cerberus
Sechs Jahre nach der Fusion von BAWAG und PSK hat die Bank, die seit Anfang 2007 maßgeblich dem US-Fonds Cerberus gehört, auch die Filialketten und Marken fusioniert auf BAWAG PSK. Für Klein ist die BAWAG "in hohem Maß österreichisch". Wenngleich die Marke BAWAG in jüngerer Vergangenheit den einen oder anderen "Körpertreffer" abbekommen habe, sei sie fest verankert in der Bevölkerung, "klassenlos", spreche die Sprache ihrer Kunden. Ab Herbst geht die Bank an die Vereinfachung von Abläufen und Unterlagen. Beispiel: Ein Kontoeröffnungsformular hat dann nicht mehr 14, sondern höchstens drei Seiten. Verdoppelt wird die mobile Beratung, frisch forciert das Geschäft mit Betriebsratskrediten. Teil der Kundenoffensive sind auch neue Konto-Boxen mit Zinszuckerln bis mindestens Juni.

100 der künftig mehr als 520 Filialen unter der neuen Struktur werden auch am Samstag offen haben. Dazu gebe es eine Vereinbarung mit dem Sozialpartner. Damit sieht sich die Bank beim Thema Samstagöffnung als Vorreiter. Bisher sind es 80 bis 90 große frühere PSK-Standorte, die Samstagvormittag offen waren.

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