Große Hoffnungen setzt Elmar Kresbach, der Anwalt von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, in das Rechtsmittelverfahren im BAWAG-Strafprozess. Am 11. September, am letzten Tag der Berufungsfrist, bringt der Anwalt Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil ein.
"Ich halte es für sicher, dass das Rechtsmittel gegen dieses sehr schlechte Urteil zu einem neuen Verfahren führt", meint Kresbach. "Wenn jemand den Rechtsstaat ernst nimmt, muss das wiederholt werden". Das Urteil war von einem vierköpfigen Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Claudia Bandion-Ortner gefällt worden, die heute Justizministerin ist. Der damalige BAWAG-Staatsanwalt Georg Krakow ist nun ihr Kabinettschef.
Elsner war im Juli 2008 in erster Instanz wegen Untreue zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden, das Urteil ist nicht rechtskräftig. Elsners Anwalt während des Prozesses, Wolfgang Schubert, hatte mit Protokollberichtigungsanträgen obsiegt, daher musste das Urteil neu ausgefertigt und neu zugestellt werden. Diese neuerliche Zustellung des über 800-seitigen Urteils Mitte August 2009 hat dazu geführt, dass eine neue Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen hat. Für jeden der neun Angeklagten läuft die neue Frist vier Wochen ab Zustellung.
"Wo ist das Geld hin"
Auf rund 370 Seiten führt nun Anwalt Kresbach aus, warum das Urteil aufgehoben und der Prozess neu aufgerollt werden müsste. Das Gericht sei weder im Vor- noch im Hauptverfahren der Frage nachgegangen, ob und wohin die von der BAWAG bei Wolfgang Flöttl angelegten Millionen verschwunden seien. "Wo ist das Geld hin", fragt Kresbach, das Gericht habe das jedenfalls nicht untersucht. Alle diesbezüglichen Anträge seien unbeachtet geblieben. Erfahrene Investoren hätten Flöttls Angaben bezweifelt, dass das ganze Geld verloren sei.
Auch die Einvernahmen Flöttls in Bratislava und in New York durch den Staatsanwalt werden von Kresbach kritisiert. Dies hätte Thema eines Rechtshilfeverfahrens sein sollen. Der Sachverständige und die Richterin waren aus Sicht des Anwalts im Verfahren "überfordert", sie hätten sich nicht eingehend mit den Hintergründen der Bankgeschäfte auseinandergesetzt.
Die Beurteilungen von Rechtsfragen, wie etwa die Feststellung des Verschuldens in Zusammenhang mit der Untreue durch die Bankmanager, sind für den Anwalt "nicht nachvollziehbar". Auch bei der Frage der Pension Elsners habe sich das Gericht nicht mit Rechtsfragen zur Betriebspension auseinandergesetzt.
Der BAWAG-Prozess sei von Anfang an "ein politischer Prozess" gewesen, erhebt Kresbach schwere Vorwürfe. Als "Bauernopfer" habe man eben den Pensionisten Elsner genommen. "Die Justiz hat sich selbst zum Spielball einer politischen Intrige gemacht, Verfahren und U-Haft stellen einen Justizskandal dar", sagt der Anwalt. Wegen vieler rechtlich unrichtiger Beurteilungen des Gerichts werde das Rechtsmittel zur Aufhebung des Urteils führen, ist er überzeugt.
OGH-Entscheid erst 2011
Das Rechtsmittelverfahren wird allerdings seine Zeit brauchen: Zunächst werde der gesamte Akt nach Einlangen aller Rechtsmittel beim Landesgericht Wien zum OGH gehen, dieser übermittle den Akt dann an die Generalprokuratur beim OGH für eine ausführliche Stellungnahme zu den Rechtsmitteln, dann werde alles wieder beim OGH zusammengeführt. Bis zu einem OGH-Entscheid wird es nach Einschätzung von Kresbach mindestens ein bis eineinhalb Jahre dauern. Vorher sollte die U-Haft über Elsner aufgehoben werden, hofft Kresbach.
Vor ihrem Wechsel in die Politik habe Richterin Bandion-Ortner ja bereits über eine Kaution geredet, so der Anwalt - was von Bandion-Ortner jedoch immer dementiert wurde. Er hoffe jedenfalls, dass der Gedanke an eine Kaution gegen eine Freilassung Elsners in der Justiz langsam durchsickere, so Kresbach.
Der heute 74-jährige Elsner sitzt seit seiner Überstellung von Frankreich nach Österreich am 13. Februar 2007 nun bereits fast 31 Monate in U-Haft. Seine zu teilweise mehrjährigen Haftstrafen verurteilten Mitangeklagten befinden sich alle auf freiem Fuß. Alle Urteile sind nicht rechtskräftig, es gilt die Unschuldsvermutung.