Je kleiner die Gemeinden, umso besser das Zahlungsverhalten - Der Staat lässt sich besonders viel Zeit.
Ein anhaltendes Stadt-Land-Gefälle machen die Gläubigerschützer aus, wenn es ums Begleichen offener Rechnungen geht: Das Zahlungsverhalten ist umso besser, je kleiner die Gemeinde. Dass ländliche Regionen bei der Zahlungsmoral besser aufgestellt sind, hängt nach Angaben des Alpenländischem Kreditorenverbands (AKV) unter anderem damit zusammen, dass man in kleineren Orten genau schaut, was der Nachbar tut. Je größer die Stadt, umso größer die Anonymität. Bei Privaten ist übrigens in mehr als 50 Prozent aller Fälle pure Vergesslichkeit schuld am Zahlungsverzug. Vorweg: Am längsten Zeit lässt sich der Staat, da ist Österreich keine Ausnahme.
Österreich als Musterschüler
Generell gilt Österreich als zahlungsmoralischer Musterschüler. Was die Zahlungsdauer anlangt, rangieren die Österreicher knapp hinter Finnland an zweitbester Stelle. Länder wie Deutschland und die Schweiz liegen weit hinter uns. Diesbezüglich kann AKV-Geschäftsführer Hans Musser (Bild) also sehr zufrieden sein.
Im EU-Schnitt dauert es 52 Tage bis zur Zahlung. In Österreich werden Rechnungen im Schnitt nach 31 Tagen beglichen. Wie schon bei vergangenen Untersuchungen ergab das aktuelle AKV-Inkassobarometer ein Nord-Süd-Gefälle: Am längsten dauern Zahlungen demnach in Spanien (Durchschnitt: 97 Tage), Italien (96) und Portugal (90). Erst dann folgen die Griechen (80 Tage).
Ein österreichischer Bundesländervergleich des AKV ergab, dass es auch von der Ortsgröße abhängt, wie lang es dauert, bis Zahlungsschulden getilgt sind. Wien ist bei den Eintreibungen historisch Spitzenreiter. Von den rund 1,3 Millionen Inkassofällen im Jahr entfallen mehr als 30 Prozent auf die Bundeshauptstadt. Hier gibt es relativ zur Einwohnerzahl dreimal so viele Fälle wie im Burgenland.
Inkassofälle pro 100 Einwohner
Während es laut AKV in der Bundeshauptstadt Wien 21,55 Inkassofälle pro 100 Einwohner gibt (oft sind es gleich mehrere Rechnungen pro Person), sind es im Burgenland nur 6,72 Fälle oder in Tirol 9,6 Inkassofälle auf 100 Einwohner, berichtete der AKV am Donnerstag.
Anders ist das bei den durchschnittlichen Inkassosumme: Hier sind es in Wien nur 402 Euro. Das ist die drittniedrigste Summe in Österreich. In Tirol sind es hingegen 433 Euro, gefolgt von der Steiermark mit der zweithöchsten Forderungssumme (430 Euro). In Niederösterreich liegen die offenen Forderungen im Schnitt nur bei 395 Euro, in Kärnten bei 400 Euro.
2017 mussten 1,5 Prozent aller offenen Forderungen in Österreich durch Inkassobüros eingetrieben werden. Das war weniger als im Jahr davor (1,8 Prozent). Weitere Ergebnisse: Männer haben im Schnitt deutlich höhere Schulden (500 Euro) als Frauen (300 Euro). Führend sind bei der Überschuldung die Jungen.
Während die Zahl der zum Inkasso übergebenen Forderungen rückläufig ist, sind die Summen gestiegen. Durch vermehrte Onlineeinkäufe sollten Zahlungsversäumnisse weniger werden - zumindest wenn es um Rechnungen aus Internet-Einkäufen geht, wie der AKV hinzufügt. Dem steht gegenüber, dass nach einem Jahrzehnt der Niedrigzinsen, also tendenziell ansteigenden Zinsen, wieder mit einer etwas schlechteren Zahlungsmoral gerechnet werden kann.
Zahlungsdauer
Bei den Firmenkunden zahlen im Schnitt 80 Prozent ihre Rechnungen in der vereinbarten Zeit, die bei etwa 24 Tagen liegt. Mit nur fünf Tagen Verzug seien die Österreicher hier Vize-Europameister. Deutsche Unternehmen sind im Schnitt zwei Tage im Verzug. Die Privaten sind schneller: 87 Prozent der Konsumenten zahlen ihre Rechnungen heute pünktlich.
Recht viel Zeit lässt sich auch in Österreich der Staat, wenn es ums Bezahlen geht, das ist auch in den anderen EU-Ländern so. Im Schnitt lässt sich der Bund hierzulande 37 Tage Zeit, bei den Ländern sind es 36 Tage, und die Gemeinden zahlen im Schnitt nach 30 Tagen. Insgesamt hat sich laut AKV auch die öffentliche Hand in den letzten Jahren im Zahlungsverhalten etwas gebessert.
Der AKV wird seit Jahren bei der Betreibung von Außenständen (beispielsweise Wasser, Mieten, Kindergartengebühren) auch durch Gemeinden beauftragt. Denn aus politischen Gründen sei es für Gemeinden naturgemäß oft recht schwierig, die nötige Strenge einzuhalten, wenn es ums Eintreiben offener Rechnungen geht, heißt es bei dem Gläubigerschutzverband.