VW-Stammaktien vor dem Rauswurf aus dem Dax

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Nach mehr als 20 Jahren sind die Tage der VW-Stammaktien in der ersten deutschen Börsenliga gezählt. "Wenn die bis Montag auslaufenden Optionen über 17 Prozent der Stammaktien ausgeübt werden, fällt der Streubesitz von Europas größtem Autohersteller unter die für eine Mitgliedschaft im DAX erforderlichen 10 Prozent", erklärt Wolfgang Gerke, Mitglied des Börsenrats der Frankfurter Wertpapierbörse.

Sollte die Deutsche Börse ihre Regularien streng anwenden, fallen die VW-Stämme also schon in der kommenden Woche aus dem Leitindex. Bisher liegt deren Streubesitz bei 26,86 Prozent.

Was bei Fondsgesellschaften zu etlichen Umschichtungen führen wird, lässt den Wolfsburger Konzern wohl eher kalt. Aufrücken dürften im Gegenzug für die VW-Stämme nämlich nach einhelliger Experten-Meinung die stimmrechtslosen VW-Vorzüge. "Die VW-Vorzüge erfüllen die Kriterien der Deutschen Börse komfortabel", sagt Aktienstrategin Anke Platzek von der LBBW.

Der Wechsel sieht auf den ersten Blick relativ einfach aus. Dahinter steckt jedoch eine komplizierte Transaktion, bei der wieder einmal die lange Zeit von Porsche aufgebauten Optionen auf VW-Stammaktien eine entscheidende Rolle spielen. Denn Analysten gehen davon aus, dass die genannten Kaufoptionen über 17 Prozent der VW-Stammaktien - die derzeit die Credit Suisse hält - auf Katar zurückgehen.

Schließlich hatte das Emirat nach Porsches gescheitertem VW-Übernahmeversuch dem Sportwagenbauer mit insgesamt 7 Mrd. Euro unter die Arme gegriffen und dabei nach eigenen Angaben auch Optionen auf 17 Prozent der VW-Stammaktien erworben.

"Diese von der Credit Suisse gehaltenen Finanzinstrumente sind nahezu genau der Prozentsatz der Optionen von Katar", sagt Equinet-Analyst Tim Schuldt. Ein Sprecher für das Emirat wollte sich dazu nicht konkret äußern. Er bestätigte lediglich, "dass die Credit Suisse einer der Finanzberater der Katar Holding ist". Auch die Schweizer Bank lehnte einen Kommentar ab.

Handlungsspielraum der Börse

Die Deutsche Börse hat bei ihrer Entscheidung einen gewissen Spielraum. Normalerweise können Vermögensverwalter wie die Credit Suisse nach den Regeln des Frankfurter Börsenbetreibers ein Viertel an einem Unternehmen halten - und dieser Anteil wird trotzdem dem Streubesitz zugerechnet.

Im Falle der Credit Suisse, die zumindest vorübergehend zum drittgrößten VW-Aktionär aufsteigen würde, könnte der Teufel aber im Detail stecken: Ein Sprecher der Deutschen Börse verwies auf deren Leitfaden für Aktienindizes. Demnach werden Positionen, die im Auftrag Dritter und mit strategischem Hintergrund gehalten werden, dem Festbesitz zugerechnet.

Größter VW-Anteilseigner ist momentan Porsche mit knapp 51 Prozent plus jenen 2,4 Prozent, die von den Familien Porsche/Piech direkt gehalten werden. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff kontrolliert mit dem VW-Gesetz in der Hinterhand gut ein Fünftel der Anteile an Europas größtem Autobauer.

An der Börse wird der Rauswurf der VW-Stämme aus dem Dax bereits erwartet. Möglicherweise kehrt dann auch wieder etwas mehr Ruhe in den Leitindex ein, hatten die VW-Stämme in der Vergangenheit doch immer wieder Kurskapriolen geschlagen: Im Herbst vergangenen Jahres notierten sie zeitweise bei mehr als 1.000 Euro, inzwischen kosten sie noch rund 140 Euro.

Analysten sehen den Konzern mit den Vorzügen fairer bewertet. Sie werden aktuell um die 60 Euro gehandelt. Generell sind Vorzüge im 30 Werte umfassenden Dax bisher die Ausnahme: Lediglich die stimmrechtslosen Papiere des Konsumgüterriesen Henkel und des Dialysespezialisten Fresenius spielen in der ersten Börsenliga mit.

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