Kompromisslos

Gazprom will Europa erobern

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Vizechef Medwedew: Marktanteil soll auf ein Drittel steigen - "Rückgang der europäischen Gasproduktion schneller als gedacht" - 2012 weniger Gas nach Europa geliefert.

Gazprom will seine Dominanz auf dem europäischen Gasmarkt ohne größere Zugeständnisse beim Preis kräftig ausbauen. Weder die Schiefergas-Revolution in den USA noch europäische Konkurrenz werde Gazprom von diesem Kurs abbringen, kündigte Exportchef Alexander Medwedew in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters an. In gut zehn Jahren werde der Staatskonzern ein Drittel des in Europa benötigten Gases liefern - bisher beläuft sich dieser Anteil lediglich auf ein Viertel.

Der weltgrößte Gasproduzent geriet zuletzt unter Druck: Der russische Präsident Wladimir Putin und die meisten Branchenexperten werfen dem Konzern vor, den Boom der Schiefergas-Förderung mit dem umstrittenen "Fracking"-Verfahren in den USA und die damit einhergehenden Veränderungen verschlafen zu haben. Zudem büßte Gazprom zuletzt gegenüber seinem Erzrivalen Norwegen in Europa Marktanteile ein, weil die Russen höhere Preise verlangten.

Medwedew trat dieser Kritik jedoch entschieden entgegen. Andere Förderländer wie Norwegen habe Gazprom nicht zu fürchten, erklärte er. "Der Rückgang der europäischen Gasproduktion vollzieht sich schneller als gedacht." Zudem sei eine Gasrevolution in Europa auf absehbare Zeit nicht in Sicht, während die USA überschüssiges Gas vor allem nach Asien exportieren würden. Den Rückgang des Marktanteils im vergangenen Jahr auf 26 von 27 Prozent spielte Medwedew als "Fluktuation" herunter. "Ich bin mir sicher, dass wir 2025 bis 2030 auf 32 Prozent kommen, egal was (die norwegische) Statoil und (die algerische) Sonatrach tun. Diese Prognosen basieren auf unterzeichneten Verträgen und dem Rückgang der Gasproduktion in Europa."

Norwegen habe nicht das Potenzial, seine Produktion weiter zu erhöhen, zeigte sich Medwedew überzeugt. Im vergangenen Jahr lieferte Gazprom 139 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa - ein Jahr zuvor waren es noch 150 Milliarden. In diesem Jahr jedoch peilt der Konzern 152 Milliarden Kubikmeter an. "Unser Ziel ist nicht, so viel Gas wie möglich zu verkaufen, sondern den größtmöglichen Umsatz zu erzielen", erläuterte Medwedew.

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Gazprom habe mit Kunden in Europa bereits Verträge über die Lieferung von vier Billionen Kubikmetern Gas in den kommenden Jahrzehnten abgeschlossen, das zu heutigen Preisen mehr als 1,1 Billionen Euro wert ist. Die Verträge sähen dabei Strafzahlungen vor, falls die Kunden weniger Gas abnehmen. "Wer unser Gas nicht kauft, muss trotzdem dafür bezahlen", erläuterte Medwedew.

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