Heute muss Österreich die ersten Millionen an Griechenland zahlen. Der Ministerrat segnete das 750 Milliarden Euro teure Rettungspaket ab.
So schnell kann es gehen: Gestern beantragte Griechenland 20 Mrd. Euro von der EU, heute fließt das Geld. Damit hat Europa die erste Tranche – 18 % – der vereinbarten 110 Mrd. Euro an das marode Griechenland überwiesen.
Österreich (die Republik hat den Griechen insgesamt 2,3 Mrd. Euro an Krediten versprochen) hat damit die ersten 414 Mio. Euro schicken müssen.
Für Griechenland gibt es dennoch keine Krisenentwarnung. Im Gegenteil: Noch diese Woche dürfte die Ratingagentur Moody’s eine weitere Abwertung des Landes auf „Ramschstatus“ – also unterhalb des Investmentniveaus – verkünden. Die nächste Abwertung wird Portugal treffen, kündigt Moody’s trotz 750-Milliarden-Euro-Rettungspaket für die EU-Länder an.
Fakt ist: Die Euphorie ist verflogen. Der Eurokurs stürzte gestern wieder auf 1,27 Dollar (fast wie vor dem Rettungspaket), der ATX (Leitindex der Wiener Börse) verlor 1,1 %. Auch an den internationalen Börsen regnete es Verluste. Weitere Spekulationen gegen den Euro (siehe unten) werden befürchtet. Reicht das 750-Milliarden-Paket etwa nicht aus?
Im Ministerrat in Wien wurde gestern flugs zwischen SPÖ und ÖVP das EU-Milliarden-Paket paktiert. Um die gemeinsame Währung und damit auch die EU-Wirtschaft zu retten, hat Österreich "Garantien“ von 15 Mrd. Euro für die Rettung des Euro übernommen (dazu ist eine Gesetzesänderung nötig).
Emotionale Politdebatten um Euro und Spekulanten
Die Krise ist damit nicht vorbei: Kommenden Montag treffen sich die 27 EU-Finanzminister erneut in Brüssel. Dort müssen vor allem die gefährdeten Staaten – Griechenland, Spanien und Portugal – ihre konkreten Sparziele bekanntgeben. Mit Überraschungen ist zu rechnen.
In Österreich tobt indes der Politstreit über die Euro-Rettung: VP-Finanzminister Josef Pröll verteidigt den Beschluss. Nur so habe man „den totalen Wirtschaftskollaps verhindern können“. SP-Bundeskanzler Werner Faymann unterstützt die Hilfe zwar, warnt aber davor "die Falschen zu belasten“. Und die FPÖ kündigt eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gegen das EU-Paket an.
Kommende Woche soll das Gesetz – der EU-Beschluss benötigt den Sanktus einer Mehrheit im Nationalrat – beschlossen werden. Sollte der Euro erneut verlieren und weitere EU-Länder in größere Krisen stürzen, wird wohl auch die Stimmung in der heimischen Politik gefährlich werden. Denn "dann könne man weitere Hilfen nicht mehr erklären“, warnt ein VP-Spitzenmann.
„Ja, sicher – ich habe mit Euro spekuliert“Im vierten Stock des Büroturms wenige Blöcke nördlich der Wall Street in New York wird das Schicksal Europas weitaus mehr bestimmt als in Brüssel – wo die Politiker Reden schwingen und Verträge aushandeln. Vor vier PC-Monitoren sitzt Währungshändler Bob McKeon von der Finanzfirma FXDD. Er ist einer jener mittlerweile verrufenen Spekulanten. "Natürlich habe ich gegen den Euro gewettet“, gibt McKeon gegenüber ÖSTERREICH zu. Er hat keine Gewissensbisse: „Die Politiker haben versagt, den Kampf gegen die Budgetprobleme hinausgeschoben. Sie gaben uns so erst die Chance, auf den Abstieg des Euro zu spekulieren“. „Wir wetten darauf, dass der Euro-Kurs fällt“ Schließlich räumt er ein, dass man in solchen Situationen wie jetzt in der Griechenland-Krise natürlich „eine Menge Geld verdienen“ kann. „Wie geht das?“, fragt ÖSTERREICH bei dem findigen Makler nach. „Ich bin im so genannten Spot-Trading tätig. Dabei geht es darum, dass wir einschätzen, wie der Stand des Eurokurses in zwei Tagen sein wird. Wir wetten etwa darauf, dass der Kurs fällt. Trifft das ein, dann machen wir Profit“. Ein Teufelskreis: Die Spekulanten verkaufen zum (niedrigeren) Euro-Kurs, der Welt des Geldes fällt weiter, worauf die Spekulanten auf noch niedrigere Kurse setzen. Eine Spirale nach unten. „Durch Trader wird Politik zum Handeln gebracht“ „Je mehr mitmachen“, desto mehr verdienen wir“, sagt McKeon. Doch niemand wisse, „wann wieder über das Ziel geschossen werde – und plötzlich Euros wieder gekauft werden und der Kurs klettert“. Dann erwische es die Spekulanten mit kurzen, negativen Positionen – die so genanten Spot-Trader. Gewissenbisse hat der Händler keine. Im Gegenteil. McKeon sieht Trader als treibende Kraft, um die Staats-Chefs zum Handeln zu zwingen. Er fragt: „Warum hat die EU nicht schon im Jänner Rettungspakete geschnürt?” Denn am meisten profitierten Spekulanten, „wenn die Märkte das Vertrauen verlieren“. „Durch das Zögern der EU wurden wir aufmerksam“ Die mangelnde EU-Leadership hätte sie – die Spekulanten – erst aufmerksam für mögliche Gewinne gemacht. Bittere Bilanz: Gerettet sei der Euro durch die Milliarden-Maßnahmen der EU keineswegs, das Rettungspaket sei trotz der Riesensumme zu wenig – wenn jetzt nicht zusätzlich eiserne fiskalische Disziplin komme. McKeon: „Wir müssen sehen, dass gespart wird.“ Würde er heute noch Euros kaufen? „Ich halte meine Positionen derzeit und warte einmal ab“, sagt er – und zockt bald weiter. |