Ex-AvW-Chef soll rund 12.500 Anleger geprellt haben - er bestreitet das.
Der seit April in Untersuchungshaft sitzende Chef des 2008 zusammengebrochenen Kärntner Finanzkonglomerats AvW, Wolfgang Auer-Welsbach, hat sich Dienstag erstmals vor Gericht unter anderem wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs und Untreue verantworten müssen. Auer-Welsbach sei der "alleinige wirtschaftliche Nutznießer" der ihm vorgeworfenen "Malversationen" gewesen, so Staatsanwalt Christof Pollak in seinem Eingangsplädoyer. Die Anklage gehe von einem Gesamtschaden von rund 400 Mio. Euro aus, rund 12.500 Inhaber von Genussscheinen sollen zu Schaden gekommen sein, erklärte er mit Hilfe einer Powerpoint-Präsentation. Auer-Welsbach bekannte sich wie angekündigt nicht schuldig. "Er hat an sein Lebenswerk geglaubt", meinte dessen Anwalt Michael Sommer.
Geringes Interesse an Prozess
Der erwartete Ansturm von Anlegern und Kiebitzen - immerhin haben sich 8.500 mutmaßlich Geschädigte dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen - ist ausgeblieben. Am Nachmittag waren nicht einmal mehr alle Plätze im Schwurgerichtssaal besetzt, der eigens mit einer Videowall aufgerüstete alte Auktionssaal blieb fast leer.
Inhaltlich kaum neue Erkenntnisse
Inhaltlich, also über die Funktionsweise des Firmenkonglomerats AvW, hat der erste Verhandlungstag keine wirkliche Erhellung gebracht. Dafür sorgte die Verhaltensweise des Beschuldigten für Belustigung respektive Kopfschütteln im Saal. "Herr Angeklagter, quatschen Sie mich nicht die ganze Zeit nieder", mahnte Richter Christian Liebhauser-Karl den Beschuldigten bei der Einvernahme, da ihm Auer-Welsbach nicht genug Zeit für das Protokollieren seiner Fragen ließ.
Auer-Welsbach wollte Gutachter und Richer ausschließen lassen
Erneut hat Auer-Welsbach versucht, Gutachter Fritz Kleiner und Richter Liebhauser-Karl vom Verfahren ausschließen zu lassen. Entsprechende mündlich vorgebrachte Anträge seines Anwalts hat der Schöffensenat aber abgelehnt. Sommer hat etwa argumentiert, dass sich Liebhauser-Karl in seiner Funktion als Mediensprecher am Tag der Haftprüfungsverhandlung im September des Vorjahres gegenüber Medien über diese geäußert habe und am Tag darauf zum Verfahrensrichter bestellt worden sei.
Staatsanwalt: Auer-Welsbach hat sich persönlich bereichert
Für Staatsanwalt Pollak und seinen Kollegen Thomas Liensberger ist die Lage klar: An der Spitze des AvW-Konzerns sei die Auer-von-Welsbach-Privatstiftung gestanden, deren Erststifter und Begünstigter Auer-Welsbach gewesen sei. Der Angeklagte habe sich mit dem Genussscheinsystem persönlich bereichert, immerhin habe er mit einem Monatseinkommen von mindestens 29.000 Euro netto ein luxuriöses Leben geführt, Motorboot und Rolls Royce inklusive. Die Schädigung der Anleger sei ihm bewusst gewesen. Der "Finanzjongleur", wie ihn Richter Liebhauser-Karl heute bezeichnete, habe seine Genussscheinkunden in mehrerlei Hinsicht getäuscht, so die Ankläger. Etwa seien eine jederzeitige Rückkaufsmöglichkeit und eine hundertprozentige Kapitalgarantie versprochen worden. Letztere jedoch "war in den Genussscheinbedingungen nie vorhanden", sagte Pollak. Auch im Hinblick auf die Liquidität bzw. den Unternehmenswert habe Auer-Welsbach seine Anleger getäuscht: "Die Unternehmenssubstanz reichte schon 2001 lediglich zur Befriedigung von 25 Prozent der Anleger aus", führte der Staatsanwalt aus.
Auer-Welsbach: Anleger wurden genau informiert
Auer-Welsbach sieht seine Kunden freilich nicht im Nachteil. Laut seinem Verteidiger wurden die Anleger in zahlreichen Veröffentlichungen genau über die Genussscheine informiert. Zudem seien die AvW-Gesellschaften mehrfach durchleuchtet worden. Sowohl die Bundeswertpapieraufsicht (BWA), später die Finanzmarktaufsicht (FMA), als auch die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB), das Finanzamt Klagenfurt und verschiedene Wirtschaftsprüfer hätten alles für richtig befunden. "Was soll man da dem Angeklagten vorwerfen, wenn die Behörden nichts auszusetzen hatten?", fragte der Anwalt.
Prokurist K. schuld an Niedergang
Nach wie vor gibt der Untersuchungshäftling die Schuld am Zusammenbruch seines Firmenkonglomerats seinem ehemaligen Prokuristen K. Infolge von dessen Handlungen habe man den Rückkauf der Papiere einstellen müssen. "Wenn K. nicht gewesen wäre, wäre das System geblieben und es hätte Liquidität gegeben", sagte Auer-Welsbach bei seiner Einvernahme. Er habe nicht autoritär gehandelt, sondern sei ein "genauer, menschlicher" Chef gewesen. Die von Gutachter Kleiner bemängelte interne Kontrolle war aus seiner Sicht ausreichend.
Mittwoch geht es ab 9:00 Uhr mit der Einvernahme des Angeklagten weiter, die den ganzen Tag dauern wird. Auer-Welsbach wird dem Gericht vor allem zu den ihm vorgeworfenen Untreuehandlungen Rede und Antwort stehen müssen.