EuGH-Entscheidung

Aus für deutsches Glücksspiel-Monopol

Teilen

bwin und bet-at-home jubeln, Casinos Austria dämpfen.

Der börsenotierte österreichische Online-Glücksspielkonzern bwin sieht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) als "historische Chance, dass das Online-Glücksspiel in Deutschland zeitgemäß reguliert wird", sagte Sprecherin Katharina Riedl am Mittwoch.

Die deutschen Regelungen über Sportwetten seien eine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union.

"Richtungsweisende Entscheidung"
Die Tatsache, dass Sportwetten einem staatlichen Monopol unterliegen, jedoch für Pferdewetten und Automatenspiele von privaten Anbietern betrieben und beworben werden können, sei mit den Grundsätzen des Europarechts nicht vereinbar.

Auch bwin.Konkurrent bet-at-home spricht von einer "richtungsweisenden Entscheidung". Der heimischen Noch-Glücksspielmonopolist Casinos Austria indes sieht in dem EuGH-Spruch eine "Bestätigung für die Kohärenz des österreichischen Systems", wie Rechtsvorstand Dietmar Hoscher wissen ließ. Der niederösterreichische Automatenkonzern Novomatic ortet in der von den EU-Richtern "erzwungenen Öffnung der Monopole in Deutschland ein weiteres Expansionspotenzial in den Segmenten Lotterien und Wetten".

Werbeverbot in Deutschland

Der Online-Wettanbieter bwin hat in Deutschland, seinem größten Markt, mit einigen Problemen zu kämpfen. Neben zahlreichen Klagen macht bwin auch das Werbeverbot zu schaffen. "Wenn von uns gesponserte Fußballmannschaften in Deutschland spielen, dürfen sie das bwin-Logo nicht tragen", erläuterte Riedl. Ähnlich geht es dem bwin-Konkurrenten bet-at-home: Das in Wien und Frankfurt börsenotierte Unternehmen wurde laut Eigenangeben im Vorjahr "daran gehindert, nicht als Hauptsponsor des ATP Turniers in Hamburg in Erscheinung zu treten und ist seither ständig Unterlassungsforderungen deutscher Behörden ausgesetzt", wie es einer Mitteilung von heute hieß.

"Zeichen der Zeit erkannt"
bwin geht es neben der Aufhebung des Werbeverbots um klare rechtliche Rahmenbedingungen für seine Online-Plattform. Riedl: "Wir wollen Rechtssicherheit und dem Staat Steuern zahlen." Für Deutschland bietet bwin momentan kein eigenes Label an. Deutsche Kunden spielen über die Site bwin.com, die mit einer Lizenz aus Gibraltar läuft. bwin beruft sich dabei auf die Dienstleistungsfreiheit, was von Monopolverfechtern heftig kritisiert wird und bwin - nicht nur in Deutschland - schon viele Klagen eingebracht hat.

Der Online-Wettanbieter, der gerade mit der britischen PartyGaming zum weltgrößten börsenotierten Online-Glücksspielkonzern fusioniert, pocht schon seit langem auf die Liberalisierung von Online-Glücksspiel. "In Italien und Frankreich hat man die Zeichen der Zeit schon erkannt", bekräftigte Riedl heute.

Schwung an der Börse
Das zur französischen Mangas-Gruppe gehörende Unternehmen bet-at-home, das auch in Österreich eine Niederlassung hat, will den heutigen Richterspruch nutzen, um in Deutschland Marktanteile zu gewinnen. "Die operativen Unternehmen der bet-at-home.com AG in Malta streben nun nach Öffnung des Marktes große Kooperationen mit diversen Medien und Sportveranstaltern an", hieß es heute. bet-at-home geht außerdem davon aus, dass die anhängigen Verfahren in Deutschland positiv ausgehen.

Positiv entwickelten sich auch die Börsenkurse von bwin und bet-at-home. bwin-Aktien schnellten um 5,31 Prozent auf 40,69 Euro nach oben, bet-at-home legten - allerdings bei niedrigem Umsatz - in Wien um 3,78 Prozent auf 19,48 Euro zu.

"Keine Liberalisierung des Glücksspiels"
Casinos-Austria-Rechtsvorstand Hoscher interpretiert das EuGH-Urteil hingegen folgendermaßen: "Es kritisiert in Deutschland, dass dort Sportwetten, denen nur geringes Suchtpotenzial zugeschrieben wird, unter einem strikten Monopol stehen, während Casinos und Automaten, die als viel gefährlicher einzustufen sind, weitgehend liberalisiert sind." Das österreichische System entspreche dagegen dieser Intention des EuGH, "da Sportwetten liberalisiert und jene Marktsegmente mit größerem Gefährdungspotenzial streng reglementiert sind".

Ähnlich argumentiert Friedrich Stickler, Präsident der Europoean Lotteries und auch Vorstand der Österreichischen Lotterien: Der EuGH habe sich heute "in keinster Weise für eine Liberalisierung von Glücksspiel ausgesprochen", sondern Deutschland daran erinnert, dass es das Angebot von "gefährlichen Formen von Glücksspiel" wie Casinospiele und Automaten stärker kontrollieren müsse. Der Gerichtshof habe außerdem erneut die höheren Risiken, die mit dem Internetzocken im Vergleich zu "terrestrischen Glücksspielangeboten" verbunden seien, unterstrichen, so Stickler in einer Aussendung.

Novomatic will offenbar Casinolizenz
Der Glücksspielkonzern Novomatic rechnet unterdessen damit, "dass nach dem heutigen Urteil die deutschen Lotterie- und Wettmonopole auf Landesebene im Kern reformiert werden müssen", wie es auf APA-Anfrage hieß. Um den Anforderungen einer kohärenten Regelung zu entsprechen, würden die Monopole wohl durch ein Konzessionssystem, das mehrere Wett- oder Lotterieanbieter zulässt, ersetzt werden müssen. Deutschland gehört schon jetzt zu einem der wichtigsten Märkte der Niederösterreicher.

Branchenkreisen zufolge spitzt Novomatic auch in Österreich auf eine Casinolizenz. Hierzulande wurde das Glücksspielgesetz kürzlich erneuert, künftig gibt es 15 statt 12 Spielbankkonzessionen, die wahrscheinlich EU-weit ausgeschrieben werden müssen. Der genauen Vergabemodus ist aber immer noch offen, im Finanzstaatssekretariat will man das morgige EuGH-Urteil zum österreichischen Glücksspielgesetz abwarten. In der sogenannten Causa Engelmann geht es wie in Deutschland darum, ob die nationalen Regelungen gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der EU verstoßen.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.