66 Filialen verkauft: Einstiger Erzrivale schnappt sich BAWAG-Tochter.
Nach jahrelangen Versuchen wird die BAWAG endlich ihr Schuhhandelsgeschäft los. Stiefelkönig wurde 1919 von der Familie Herzl gegründet und kam in den 90er Jahren ins Strudeln. 2003 übernahm die Hausbank BAWAG schließlich das Ruder und versuchte anschließend, die Schuhkette mitsamt ihren Vertriebslinien Delka und Turbo Schuh zu verkaufen.
Als das nicht gelang entschied das Geldhaus, die einzelnen Vertriebsschienen nach und nach zu veräußern. Delka ging im Februar 2011 an Salamander, die Turbo-Schuh-Filialen schnappten sich 2009 Deichmann und der Textildiskonter Kik. Auch Geox gehört in Österreich nicht mehr zu der Bank. Früher war die BAWAG via Stiefelkönig Franchisenehmer der italienischen Marke. Im Februar hat Geox die 19 Filialen zurückgekauft. Die Bank hat von der EU die Auflage bekommen, sich von allen Geschäften, die nicht zum Kerngeschäft zählen, zu trennen.
Der Verkaufsprozess um Stiefelkönig begann heuer im März. Davor war ein Veräußerungsversuch zuletzt im Jahr 2008 gescheitert. BAWAG-Chef Byron Haynes sprach vor einigen Monaten von bis zu 30 Interessenten, darunter befanden sich unter anderem die deutsche Ara-Gruppe, der Mutterkonzern von Salamander, Reno, der Unternehmer Jamal Al-Wazzan, der schon Schöps übernommen hatte, sowie die deutsche Kette Görtz.
Neuer Eigentümer von Stiefelkönig wird der einstige Erzrivale Leder & Schuh. Der Händler rund um Marken wie Humanic und Jello ist mit einem Marktanteil von 21 Prozent vor Deichmann und Stiefelkönig der größte Schuhhändler in Österreich und nach eigenen Angaben die Nummer 6 in Europa. Das Unternehmen beschäftigt in 11 Ländern rund 3.700 Mitarbeiter an mehr als 350 Standorten. Etwa die Hälfte der Filialen befindet sich in Österreich. 2010 setzte Leder & Schuh 542,8 Mio. Euro um. Der Händlerverbund Ringschuh vereint 170 selbstständige Schuhhändler, die auf 250 Geschäfte und einen Marktanteil von etwa 10 Prozent kommen.
Deal braucht noch Grünes Licht
"Das Closing kann erst stattfinden, wenn die Bundeswettbewerbsbehörde entschieden hat - wir hoffen, das wird im Herbst sein", so der Chef der Leder & Schuh-Gruppe, Gottfried Maresch. Leder & Schuh ist verpflichtet, den Kauf bei der BWB anzumelden, die dann entscheidet, ob ein Kartellverfahren eingeleitet wird oder nicht. Erst danach kann der neue Stiefelkönig-Eigner einzelne Filialen an Ringschuh abtreten.
Stiefelkönig fuhr 2009 laut Firmen-Compass bei einem auf 109,8 Mio. Euro (nach 127 Mio. Euro) gesunkenen Umsatz einen Verlust von fast 15 Mio. Euro ein. Der Bilanzverlust (inklusive Verlustvortrag) belief sich auf 35,3 Mio. Euro. Zahlen für das Jahr 2010 liegen noch nicht vor.