Langer Weg aus Krise

Finanzmarktexperten glauben an Erholung

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Aktien attraktiv bewertet, Wachstum in Eurozone dürfte schwach bleiben.

Nach den Crashs 2011 und der nun im ersten Quartal eingesetzten Börsenerholung sehen heimische Finanzexperten Aktien als attraktives Investment. Der Weg aus Schuldenkrise und Konjunkturschwäche in Europa dürfte aber noch lang sein. Auch dürften viele Anleger Aktien vorerst meiden, speziell der Wiener Kapitalmarkt muss hier noch an seinem Image arbeiten, so das Fazit der Experten auf dem von APA-Finance und DerBörsianer.com veranstalteten Expertenforum "Q-Check" am Dienstagabend.

   Die Konjunkturprognosen indizieren zwar nach einer kurzen Rezession der Eurozone für 2013 eine Rückkehr auf den Wachstumspfad, das Wachstum dürfte aber gedämpft ausfallen. "Wir gehen davon aus, dass die Märkte nicht auf alte Niveaus zurückkehren können", erwartet Rainer Polster, Österreich-Chef der Deutschen Bank. Die Deutsche Bank prognostiziert für die Eurozone für heuer ein BIP-Minus von 0,5 Prozent und für 2013 ein Wachstum von 1,0 Prozent. Eine Abwärtsspirale sei nicht zu befürchten, das Wachstum der Eurozone dürfte aber auch mittelfristig niedrig bleiben, erwartet Polster.

   Eine zentrale Rolle auf dem Weg aus der Krise wird dabei weiter die Rückführung der Staatsschulden spielen, die Fiskalpolitik wird daher das Wachstum weiter dämpfen. "Das wird ein extrem langer Bremsweg werden", glaubt Polster.

    Paul Severin, Investmentstratege der Erste-Fondstochter Sparinvest, stellt sich auch auf eine schwache, langsame und fragile Erholung ein. Die entwickelten Märkte dürften weiter unter der restriktiven Fiskalpolitik leiden, das Wachstumspotenzial der Schwellenländer sei aber intakt.

   Aktien sind nach Finanzkrise und Crashs aber für Severin auf teilweise attraktive Niveaus gefallen. Eine Übergewichtung empfiehlt der Experte vor allem für US-Aktien. Positiv sieht die Sparinvest derzeit auch Euro-Staatsanleihen, Emerging-Markets-Staatsanleihen in lokaler Währung, Unternehmensanleihen im High-Yield-Bereich sowie weiter Gold.

   Für Aktien spricht nach Einschätzung des BAWAG PSK-Invest-Fondsmanagers Manfred Sibrawa auch die derzeit hohe Korrelation mit Rohstoffen und der damit implizierte Inflationsschutz. Während früher kein Zusammenhang zwischen Aktien und Rohstoffpreisen bestand, bewegten sich Rohstoffpreise und Aktienmärkte in den letzten vier Jahren zunehmend parallel, so der Experte.

   Da auch Rohstoffpreise und Inflation naturgemäß stark zusammenhängen, bedeutet das im Rückschluss, dass Aktien derzeit einen gewissen Inflationsschutz bieten, erklärt Sibrawa. Angesichts der zuletzt gestiegenen Rohstoffpreise empfiehlt der Experte vor allem Investments in Emerging Markets und hier vor allem in den russischen Aktienmarkt, der besonders stark von steigenden Ölpreisen profitiert.

   Auch der Wiener Markt ist dank gut aufgestellter heimischer Unternehmen attraktiv, wird aber auf den Radarschirmen internationaler Investoren nicht ausreichend wahrgenommen, so das Fazit der Experten. Speziell für Wien seien aber Investoren aus dem Ausland und hier vor allem aus dem angloamerikanischen Raum besonders wichtig. Mangels Investoreninteresses seien die Umsätze am Wiener Markt aber zuletzt deutlich zurückgegangen.

   Die Qualität heimischer Unternehmen, die hohe Qualifikation der Arbeitskräfte und teilweise auch das Osteuropa-Engagement heimischer Firmen werde im Ausland zwar positiv wahrgenommen, berichtet der Raiffeisen Capital Management-Fondsmanager Günther Schmitt. Ausländischen Investoren fallen zu Österreich aber auch oft Korruptionsskandale sowie ein nicht kapitalmarktfreundliches Umfeld ein, so der Fondsmanager. Auch die niedrige Liquidität des Wiener Marktes dürfte Investoren abschrecken.

   Ein positives Image zu transportieren sei speziell in den USA sehr schwierig, berichtet auch AMAG-Chef Gerhard Falch von seinen eigenen Erfahrungen bei Roadshows. "Wir haben gesehen, wie schwierig es ist, dort ein Thema zu transportieren, weil wir dort kaum wahrgenommen werden", so der Konzernchef.

   "Es wäre sinnvoll wenn die Wiener Börse selbst an die Börse gehen würde", skizziert der Sparinvest-Experte Severin einen möglichen Weg zur Imageverbesserung, "die Wiener Börse hätte gute Voraussetzungen am Kapitalmarkt zu reüssieren und sollte mit gutem Vorbild vorangehen". Für den BAWAG-Osteuropa-Experten Sibrawa wäre auch eine Fusion mit anderen CEE-Börsen ein Weg zur Stärkung des heimischen Markts.

   Schließlich müsse auch die Politik daran arbeiten, ein kapitalmarktfreundlicheres Umfeld zu schaffen, sind sich die Experten einig. Die oft kritisierte Kapitalertragsstreuer ist für den Wiener Privatbank-Chef-Asset-Manager Alfred Reisenberger dabei aber nicht das Hauptproblem. Schließlich sei das Sparbuch auch trotz stark gesunkener Verzinsung noch immer die beliebteste Anlageform in Österreich. "Wir waren viel auf Roadshows, dort waren Steuern kein Thema", berichtet auch der Chef des conwert-Verwaltungsrats Johannes Meran. "Wir können nur durch Qualität und gute Performance der Unternehmen zeigen, dass wir unterbewertet sind", glaubt Meran.
 

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