Mark-Stabilisierung

Schicksalswoche für den Euro

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Konzentrierte Hilfsaktion: Notenbanken pumpen Geld in Finanzmärkte.

Angesichts des drohenden Zerfalls des Euro starteten die Zentralbanken gestern ein Not-Hilfsprogramm zur Stabilisierung der Märkte.

Der Euro steht an der Kippe, die EU-Schuldenkrise wird zur immer größeren Bedrohung für die gesamte Wirtschaft der Eurozone und auch dar­über hinaus. „Jetzt beginnen neun kritische Tage, in denen wir die Antwort auf die Schuldenkrise in der EU zum Abschluss bringen und beschließen müssen“, sagte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn gestern. Bis zum nächsten EU-Gipfel am 8. und 9. Dezember in Brüssel muss die Lösung stehen (siehe rechts).

EU-Kommissar Rehn: „Sehr kritische Tage für den Euro“
Die Eurokrise sorgt für permanente Turbulenzen an den Finanzmärkten. Keiner vertraut keinem, nicht zuletzt drohen die Märkte „auszutrocknen“, weil Banken sich untereinander kein Geld mehr leihen wollen. Vor allem US-Dollar wurden für viele europäische Institute schon knapp.

In dieser Situation griffen Mittwoch – ähnlich wie seinerzeit 2008 – die großen Notenbanken in einer konzertierten Aktion ein. Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Notenbanken Kanadas, der USA, Japans, der Schweiz und Großbritanniens einigten sich auf ein Programm, um „dem globalen Finanzsystem Liquidität zuzuführen“.

Konkret bedeutet das billigeres Geld für die Banken: Die Zentralbanken beschlossen, bestimmte Zinssätze für das Geldverleihen zwischen Banken um einen halben Prozentpunkt zu senken. Auf diese Weise fließt mehr Geld in die Märkte. Und es wird einer Kreditklemme vorgebeugt, was das Wirtschaftswachstum stabilisieren soll.

Zentralbanken von EZB bis Fed in Anti-Krisen-Offensive
Finanzministerin Maria Fekter (V) zeigte sich erfreut über die Notenbanken-Aktion. Der sogenannte Interbankenmarkt habe zuletzt „ziemlich zähflüssig funktioniert“, so Fekter. Die Börsen reagierten auf die Ankündigung der Geldspritze mit einem wahren Kurs-Feuerwerk.

Ein Mittel gegen die Schuldenkrise ist die Geldflut der Zentralbanken aber nicht. Wird dieses nicht bald gefunden, droht ein Zerfall der Eurozone.
 

Kurs-Feuerwerk an Börsen

Mit der Ankündigung ihres konzertierten Programms verschafften die Notenbanken den Finanzmärkten Mittwoch eine Atempause. Die Börsen reagierten mit enormen Kurssprüngen. Der Frankfurter DAX schnellte fünf Prozent nach oben, der Wiener ATX gewann fast vier Prozent. In New York startete die Wall Street mit einem deutlichen Plus von 3,4 Prozent in den Handel. Auch der Euro-Kurs ging nach oben, machte zunächst einen Sprung über die Marke von 1,35 Dollar, gab dann wieder einiges vom Gewinn ab.
 

"Euro darf nicht zerbrechen"

ÖSTERREICH: Herr Androsch, immer mehr Stimmen werden laut, dass die Eurozone zerbrechen könnte …
Hannes Androsch: Wir haben kein Europroblem, sondern ein politisches Problem. Die Tragödie ist, dass den europäischen Banken und der Politik das Vertrauen fehlt. Wir müssen gemeinsam handeln, sonst werden wir getrennt aufgehängt.

ÖSTERREICH: Das ver­suchen die EU-Staaten, trotzdem bekommen sie die Eurokrise nicht in den Griff. Was wäre, wenn der Euro zerbricht?
Androsch: Wenn wir uns jetzt wieder in die einzelnen Währungen aufsplitten, dann ergeht es uns so wie den Schweizern. Der Währungskurs geht rauf, die Exporte werden teuer und dadurch steigt auch die Arbeitslosigkeit an. Das muss man den Menschen endlich klarmachen.
 

Neun Tage zur Euro-Rettung

In den nächsten Tagen bis zum EU-Gipfel am 8. Dezember stehen zahlreiche einzelne Krisenberatungen am Programm.

  • Sarkozy-Rede: Frankreichs Präsident legt am Abend in Toulon seine Rezepte gegen die Krise dar, inklusive Änderung der EU-Verträge.
  • Merkel spricht: Die deutsche Kanzlerin präsentiert ihre Vorschläge für ein abgeändertes EU-Vertragswerk im Bundestag.
  • Faymann in Berlin: Der österreichische Bundeskanzler fliegt zur Beratung und Abstimmung mit Angela Merkel nach Berlin.
  • Schäuble bei Fekter: Deutscher Finanzminister kommt zum Arbeitsbesuch nach Wien, bespricht mit Amts­kollegin Fekter die Lage an den europäischen ­Finanzmärkten.
  • Außenminister-Treffen: Die EU-Außenminister kommen in Brüssel zur Krisensitzung zusammen.
  • Monti-Sparpaket: Italiens neuer Regierungschef startet in Rom Verhandlungen über neues Sparprogramm.
  • Irland-Haushalt: Der neue Premier des Schuldenlands, Enda Kenny, muss Haushalt 2012 durchs Parlament bringen.
  • EZB-Sitzung: Möglich, dass der Leitzins für die Eurozone ­erneut gesenkt wird. Und die EZB den Kauf von Staatsanleihen forciert.
  • EU-Gipfel: Beginn am Abend in Brüssel.
  • EU-Gipfel, Tag 2: Die EU-Regierungschefs müssen das Maßnahmenpaket gegen die Schuldenkrise und die EU-Vertragsänderung beschließen.
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