Die Schweiz wird laut Bundespräsident Hans-Rudolf Merz noch dieses Jahr von der grauen OECD-Liste der Steueroasen wegkommen. Dazu muss die Schweiz noch sechs neue Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnen, die auch Amtshilfe bei Steuerhinterziehung vorsehen. In einem Interview mit der Zeitung "Le Temps" sagte Merz, dass die Bemühungen der Schweiz auch bei der OECD anerkannt würden.
Der Verantwortliche für Steuerfragen der Organisation, Jeffrey Owens, habe ihm vergangene Woche in Luzern mitgeteilt, dass die OECD "sehr zufrieden" sei mit den Fortschritten der Schweiz. Owens habe ihm gesagt, dass die Schweiz in seinem Geiste bereits nicht mehr Teil der grauen Liste sei, dies aber noch formalisiert werden müsse. Bisher hat die Schweiz mit 14 Staaten neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ausgehandelt, wovon 6 vom Bundesrat verabschiedet wurden.
Merz stellte im Interview in Aussicht, dass im Rahmen des Staatsbesuchs von Präsident Dimitri Medwedew in der Schweiz Russland zu dem Kreis der Länder mit neuem DBA stoßen wird. Russland figuriere unter den 30 Staaten, die bei der Schweiz um ein neues Doppelbesteuerungsabkommen angefragt hätten, sagte Merz. Er bekräftigte die Haltung des Bundesrats, wonach lediglich das erste vom Parlament verabschiedete Steuerabkommen dem fakultativen Referendum unterliegen soll.
Der Finanzminister schätzt die Gefahr als groß ein, dass bei einer allfälligen Abstimmung über das Steuerabkommen mit Deutschland eine Art anti-deutscher Reflex spielen könnte. In seinen Augen wäre das Abkommen mit Japan für eine allfällige Abstimmung besser geeignet. Langfristig sieht Merz eine Quellensteuer als geeignetes Mittel, um das Bankgeheimnis beizubehalten. Der Bundesrat habe ihm den Auftrag gegeben, diese Frage vertieft zu klären, sagte er. Merz gab allerdings zu bedenken, dass die Einführung einer solchen Steuer einem "Umsturz" im Schweizer Steuersystem gleichkäme.