Druck aus Berlin?

Spanien will nicht unter Rettungsschirm

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Spanien will den Weg aus der Krise aus eigener Kraft schaffen.

Das Euro-Krisenland Spanien will trotz seiner massiven Finanz- und Bankenkrise nicht unter den europäischen Rettungsschirm flüchten. Das bekräftigten Regierungskreise am Sonntag, wie der spanische Rundfunk RNE berichtete. In Madrid wurde zudem ein "Spiegel"-Bericht zurückgewiesen, wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble die Spanier zum Griff nach Hilfen drängen.

Anders als vom "Spiegel" berichtet hätten Merkel und Schäuble in Gesprächen mit ihren spanischen Amtskollegen keinen Druck auf Madrid ausgeübt, Milliardenhilfen des Rettungsschirm EFSF in Anspruch zu nehmen, berichtete RNE. Dagegen berichtete das Magazin, nach Einschätzung Berlins sei Spanien allein nicht mehr in der Lage, die Schieflage seiner Banken zu beheben.

Keine Stellungnahme
Vom Finanzministerium in Berlin war keine Stellungnahme zu dem Bericht zu erhalten. In Regierungskreisen hieß es lediglich, die Entscheidung, Hilfen aus dem Rettungsschirm zu beantragen, liege allein bei der spanischen Regierung.

Madrid würde es nach übereinstimmenden Berichten spanischer Medien vorziehen, dass die EU-Hilfen direkt an die maroden spanischen Banken gingen - ohne Einbeziehung des Staates. Dies ist jedoch nach dem geltenden Reglement nicht möglich.

Dass Spanien sich sträubt, als Staat unter den EU-Rettungsschirm zu schlüpfen, hat vor allem einen Grund: Madrid befürchtet, dass die Anleger dies als eine Art von Offenbarungseid der spanischen Staatsfinanzen interpretieren würden. Dies hätte dann zur Folge, dass sich der spanische Staat für unabsehbare Zeit auf den Kapitalmärkten kein frisches Geld zu akzeptablen Zinssätzen mehr besorgen könnte.

Druck aus Berlin?
Der "Spiegel" berichtete weiter, indem die Bundesregierung den Druck auf Madrid ausübe, wolle sie die Gefahr eindämmen, dass sich die Euro-Krise in den angeschlagenen südlichen Ländern der Währungsunion verschärfe, falls Griechenland aus dem Euro ausscheide. Schäuble habe bereits am vergangenen Mittwoch den spanischen Wirtschaftsminister Luis de Guindos bei dessen Besuch in Berlin unter Druck gesetzt. Spanien müsse sich Geld vom Rettungsschirm besorgen, um damit das Kapital seiner Banken aufzupolstern.

Spanien kann sich wegen des Misstrauens der Finanzmärkte nur noch zu steigenden Zinsen Geld an den Finanzmärkten besorgen. In der vergangenen Woche musste das Land bei Anleiheplatzierungen 6,7 Prozent an Zinsen bieten. Bei diesen Größenordnungen waren Portugal und Irland im vergangenen Jahr unter den Rettungsschirm geschlüpft - ebenfalls auf Druck der übrigen Euro-Staaten.

Nicht am Rande des Abgrunds
Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy hatte am Samstag erneut betont, sein Land stehe trotz der Finanz- und Bankkrise nicht am Rande des Abgrunds. "Wir sind nicht auf Rosen gebettet, aber wir befinden uns auch nicht am Vorabend der Apokalypse", sagte er auf einer Wirtschaftstagung bei Barcelona. Er rief die Unternehmer des Landes auf, Ruhe zu bewahren. "Spanien ist ein solides Land", sagte Rajoy. "Wir werden aus eigener Anstrengung und mit der Unterstützung unserer EU-Partner das Unwetter (auf den Märkten) überstehen."

Laut "Spiegel" rechnen Experten der Bundesregierung damit, dass die spanische Bankenwirtschaft eine Kapitalspritze in Höhe von 50 bis 90 Milliarden Euro benötigt. Madrid hatte in den vergangenen Wochen mehrmals Geld für seine Banken außerhalb des bisherigen Rettungsverfahrens gefordert - dies wiederum hatte die Bundesregierung abgelehnt. Vor allem die Krise um die marode Großbank Bankia hatte dazu geführt, dass die Lage sich verschärfte. Das viertgrößte Geldinstitut des Landes will vom Staat mehr als 23 Milliarden Euro für seine Sanierung bekommen.

Grundlegende Erneuerung
Unterdessen berichtete die "Welt am Sonntag", die Spitzen der europäischen Institutionen arbeiteten an einer grundlegenden Erneuerung Europas. Nach Informationen der Zeitung wollen sie auf dem EU-Gipfel Ende Juni einen entsprechenden Fahrplan präsentieren. Die Vorschläge, an denen EU-Ratspräsident Herman van Rompuy, Kommissionschef Jose Manuel Barroso, der Eurogruppen-Vorsitzende Jean-Claude Juncker und der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi arbeiten, sollen demnach weitreichender ausfallen als bisher bekannt. Ziel sei eine umfassende Integration Europas. Konkret geplant seien eine Fiskalunion, eine Banken-Union, eine politische Union und Strukturreformen.

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