Urteile gekippt

Gerichtshof reduziert Libro-Strafen

Teilen

Bedingte Haft für Rettberg und Knöbl. Stiassny, Huppmann-Urteile aufgehoben.

Der OGH hat heute die Verurteilungen wegen Untreue gegen Rettberg und Knöbl im Grunde bestätigt. Der Empfehlung der Generalprokuratur, die Angeklagten vom Untreuevorwurf freizusprechen, weil aufgrund der vorliegenden Konstellation gar keine Untreue vorliege, ist das Höchstgericht ausdrücklich nicht gefolgt.

Konkret geht es um die Ausschüttung einer Sonderdividende in Höhe von 440 Millionen Schilling von Libro an die Muttergesellschaft UD-AG. Die Generalprokuratur hatte argumentiert, dass dadurch kein Schaden im Sinne der Untreue entstanden sei, weil beide letztlich den selben Eigentümer hatten. Der OGH sehe das anders, erläuterte Senatspräsident Hans Valentin Schroll: "Dieser Einwand setzt sich über die Rechtssubjektivität der Aktiengesellschaft hinweg. Auch bei Untreue ist nicht der unmittelbare Schaden der Gesellschafter, sondern jener der Gesellschaft maßgebend. Der Sonderfall der Ein-Mann-GmbH liegt hier nicht vor".

Das Verfahren war von mehreren spezialisierten Wirtschaftsanwälten beobachtet worden. Im Vorfeld war in Medien spekuliert worden, dass ein Freispruch bei Libro auch für andere offene Wirtschaftsverfahren - etwa für Meinl - Signalwirkung haben könnte. Nun hat der OGH aber die Empfehlung der Generalprokuratur abgeschmettert und die Untreue bestätigt.

Die überaus lange Verfahrensdauer habe sich mildernd auf die Strafzumessung ausgewirkt, erläuterte OGH-Senatspräsident Schroll. So seien Rettberg und Knöbl jeweils zwei Jahre Haft nur deswegen abgezogen worden.

Die inkriminierten Vorgänge rund um die 440 Millionen Schilling-Sonderdividende liegen im Jahr 1999. Die Ermittlungen begannen allerdings erst nach mehreren Anzeigen im Jahr 2002, als der Buch- und Papierhandelskonzern bald nach dem Börsegang insolvent wurde. Zahlreiche Kleinanleger, die auf die Libro-Aktie gesetzt hatten, verloren ihr Geld. Rettberg sorgte dann mit seiner Flucht ins Ausland für Aufsehen, kehrte aber nach rund einem Jahr im Juni 2005 wieder nach Österreich zurück. Er stellte sich einem Prozess, in dem er wegen versuchter betrügerischer Krida schließlich zu drei Jahren Haft, davon acht Monate unbedingt, rechtskräftig verurteilt wurde.

In der Urteilsbegründung rechnete Schroll heute vor: Rettberg hätten nach Ansicht der OGH-Richter drei Jahre Haft gebührt, davon habe man zwei Jahre wegen der langen Verfahrensdauer abgezogen. Auch das "lange Wohlverhalten" habe sich mildernd ausgewirkt, meinte Schroll, daher wurde Rettbergs einjährige Haftstrafe bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren ausgesprochen. Rettberg ist rechtskräftig wegen versuchter betrügerischer Krida verurteilt, die Haftstrafe von acht Monaten hat er inzwischen schon abgesessen. Rettberg selber wollte nach dem Urteil keine Stellung abgeben. Sein Anwalt zeigte sich erfreut, dass sein Mandant nun nicht mehr ins Gefängnis müsse.

Auch bei Ex-Libro-Finanzvorstand Knöbl seien wegen der überlangen Verfahrensdauer zwei Jahre abgezogen worden, erläuterte Richter Schroll. Knöbl hätten nach Ansicht des Gerichts dreieinhalb Jahre Haft gebührt, minus zwei Jahre mache eineinhalb Jahre Haft. Diese 18 Monate werden ihm wegen Unbescholtenheit bedingt auf drei Jahre nachgesehen.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.