Morgen EU-Sondergipfel

Griechen- Bankrott 
kostet jeden 1.058 Euro

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Ein Telefonat zwischen Tsipras und EU-Chef Juncker soll Fortschritte bringen.

Im Griechenland-Drama steht es jetzt wirklich Spitz auf Knopf. Für Montagabend wurde in Brüssel ein Sondergipfel der Regierungschefs der Eurogruppe einberufen. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Am 30. Juni muss Athen dem Internationalen Währungsfonds knapp 1,6 Mrd. Euro zurückzahlen. Ohne Freigabe der noch ausstehenden 7,2-Mrd.-Euro-Tranche aus dem aktuellen Griechen-Hilfsprogramm der EU (läuft ebenfalls Ende Juni aus) geht das nicht – das würde dann Staatspleite und Euro-Ausstieg (Grexit) bedeuten. Mit „für Europa unabsehbaren Konsequenzen“, wie Kanzler Werner Faymann warnt (siehe Interview).

Auch Österreich wäre von einem Bankrott Athens massiv betroffen. Laut Berechnungen des deutschen Ifo-Instituts haftet in Österreich im Falle der Griechen-Pleite jeder mit 1.058 Euro.

Die Griechen räumen 
ihre Bankkonten leer
Bedingung der EU für weitere Hilfe sind Sparmaßnahmen in Griechenland. Was Athen bislang vorgeschlagen hat, reicht der EU nicht. Athen wiederum will die Zusage eines Schuldenschnitts. Für den Gipfel am Montag kündigt Griechenland nun neue Vorschläge an. Man sei bei den Sparvorschlägen überhaupt nur mehr 450 Mio. Euro von den Vorstellungen der Gläubiger entfernt, sagt der griechische Staatsminister Flambouris.

Aus Angst vor dem Grexit räumen die Griechen indes ihre Konten leer. Seit Montag haben sie über vier Milliarden Euro abgezogen. (sea)

Faymann: »Nichts herschenken, aber Lösung finden«

ÖSTERREICH: Über vier Milliarden Euro wurden von griechischen Banken aus Angst vor dem Grexit diese Woche abgezogen. Wie ernst ist die Lage?
Werner Faymann: Sehr ernst, weil Bevölkerung und Wirtschaft in Griechenland von den ständigen Krisengipfeln in Krisenstimmung sind. Sie haben Angst, dass sie die Drachme kriegen und dann ihre Schulden nicht zahlen können. Der Konkurs des Staates würde wohl auch den Konkurs von Unternehmen nach sich ziehen.

ÖSTERREICH: Ein Grexit würde auch Österreich betreffen, oder?
Faymann: Natürlich wären wir in Österreich von einem Staatskonkurs von Griechenland betroffen. Es hat für Europa unabsehbare Konsequenzen – politischer und wirtschaftlicher Natur.

ÖSTERREICH: Manche Experten sagen, es sei nicht so schlimm …
Faymann: Das sind dieselben Experten, die danach behaupten, dass sie immer schon wussten, wie schlimm es werden würde. Das können Experten machen. Politiker sollten nicht ins Casino gehen. Es würde Österreich schaden, weil wir ein Exportland sind. Wenn der südeuropäische Markt einbricht, wäre das für unsere Exportwirtschaft sehr schlecht. Da sollte man nicht den Scharlatanen glauben, die sagen, das könne man mit China ausgleichen.

ÖSTERREICH: Die Zeichen für den EU-Sondergipfel stehen schlecht, nachdem die Finanzminister hart geblieben sind, oder?
Faymann: Es gibt noch zwei Chancen auf eine Lösung: Montag und der Gipfel am Donnerstag. Die Finanzminister sind auf den Schäuble-Kurs eingeschworen: keine Kompromisse. Klar ist das eine Verhandlungstaktik, völlig hart zu bleiben. Nur dann hat man eben völlig hart nichts zustande gebracht. Ich hoffe, dass das nicht auch die Linie am Montag wird. Man kann verdammt hart am Ast sägen, auf dem man selbst sitzt, aber dann bricht man mit ab. Wir sollten nichts herschenken, aber eine Lösung finden.

ÖSTERREICH: Sie laden zu zwei Asyl-Gipfeln und wollen eine Quote für Bezirke?
Faymann: Ja, am Montag mit NGOs, die auch bei der Bereitstellung von Gebäuden mithelfen können. Und am Mittwoch mit den Landeshauptleuten. Manche Bezirke haben sehr viele Flüchtlinge aufgenommen, manche keine. Hier muss es zu einer gerechteren Verteilung kommen. Die Zelte müssen mittelfristig weg. Ich will als Regierungschef Lösungen. Menschen aufhetzen ist das Monopol der FPÖ.

Interview: Isabelle Daniel

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