Immer mehr EU-Länder schnallen Gürtel enger

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Die Euro-Währungskrise zwingt immer mehr EU-Länder zu tiefen Einschnitten im Staatshaushalt. "Das ist eine Welle, die durch Europa geht", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Rande einer Fachkonferenz.

Der Finne nannte Spanien und Portugal, die unlängst auf Druck der EU und der Finanzmärkte neue Sparschritte und Reformen ankündigten, sowie die nicht zur Euro-Zone gehörenden EU-Mitglieder Großbritannien und Dänemark. "Und wir erwarten, dass Italien neue Maßnahmen ankündigen wird."

Italien gilt wegen seiner hohen Staatsverschuldung von 116 % der Wirtschaftsleistung (2009) als angreifbar. Das Defizit blieb mit gut 5 % - im Vergleich zu anderen Staaten - noch einigermaßen im Rahmen. In Brüssel erwartet man Einschnitte in Rom von insgesamt 24 Mrd. Euro für die kommenden zwei Jahren.

Nach Medienangaben sind zwar keine Steuererhöhungen geplant, dafür sollen Personal gekürzt und zusätzliche Abgaben eingeführt werden. "Es sind schwere Opfer notwendig - doch hoffentlich nur vorübergehend", kommentierte Staatssekretär Gianni Letta. Der Rotstift soll unter anderem beim öffentlichen Dienst angesetzt werden.

So sollen die Gehälter für drei Jahre eingefroren werden. Auch Gehaltskürzungen für Minister und staatlich angestellte Spitzenverdiener seien vorgesehen. Außerdem werde zwischen 2011 und 2013 nur noch jede fünfte freiwerdende Stelle neu besetzt. Zum Ausgleich dürfen einige Beschäftigte erst später in Pension gehen. Zudem sollen Gebühren im Gesundheitssystem und auf den Stadtautobahnen erhöht werden. Etwa 10 Mrd. Euro verspreche sich die Regierung bis Ende 2013 aus Kürzungen auf regionaler und kommunaler Ebene.

Rehn warnte ausdrücklich vor Selbstzufriedenheit. "Wir sind noch nicht aus der Krise heraus und weitere Wachsamkeit ist nötig." Es müsse vermieden werden, dass die Turbulenzen auf den Finanzmärkten den Wirtschaftsaufschwung kaputtmachten. "Der Aufschwung kommt voran", bilanzierte er. "Die große Gefahr ist, dass wir uns dann, wenn das Wachstum wieder stärker wird, selbstgefällig zurücklehnen und die nötigen strukturellen Reformen vergessen." Dauerhaft niedriges Wachstum und Massenarbeitslosigkeit könnten die Folgen sein, sagte Rehn.

Unterdessen ging die Debatte über den Umbau der Währungsunion weiter. Nach der ersten Sitzung einer Ministerarbeitsgruppe beim ständigen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy am vergangenen Freitag kritisierte die deutsche Regierung dessen Vorstoß für eine gemeinsame europäische Schuldenpolitik.

"Die von EU-Ratspräsident Van Rompuy vorgeschlagene gemeinsame Euro-Anleihe setzt falsche Anreize", sagte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle laut einer in Berlin veröffentlichten Mitteilung. Das Thema gemeinsame Schuldenpolitik war nach Angaben Van Rompuys zwar kurz zur Sprache gekommen, aber nicht diskutiert worden. Italien und andere EU-Länder pochen schon länger auf Euro-Anleihen, Deutschland gehört zu den Bremsern.    

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