Mahrer im Interview

"Arbeitszeit-Verkürzung ist Job-Killer"

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WKÖ-Chef im ÖSTERREICH-Interview zur neuen Kurzarbeit & Co.

Große Teile der heimischen Wirtschaft kämpfen nach wie vor mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie. ÖSTERREICH hat deshalb mit dem WKÖ-Chef Harald Mahrer über Aspekte wie die neue Kurzarbeit & Co. gesprochen.

Harald Mahrer im Interview

ÖSTERREICH: Sie verhandeln auf Sozialpartnerebene eine neue Kurzarbeit. Wann steht das?
 
Harald Mahrer: Wir wollen nächste oder übernächste Woche fertig sein. Das große Thema bei der neuen Kurzarbeit ist die Verknüpfung mit Qualifizierung. Es geht darum, dass die Beschäftigten die Nicht-Arbeitszeit für Ausund Weiterbildung nutzen.
 
ÖSTERREICH: Angedacht wurden branchenspezifische Kurzarbeitsmodelle. Kommt das?
 
Mahrer: Vielleicht wird es für alle gleich, das ist auch verwaltungstechnisch einfacher. Es braucht aber klarere Kriterien, ab wann und warum Unternehmen die Kurzarbeit nutzen können. Natürlich gibt es Bereiche, für die wir spezifische Lösungen schnüren müssen: Beispielsweise macht in der Stadthotellerie eine Mindestarbeitszeit von 40% keinen Sinn.
 
ÖSTERREICH: Ab wann soll die neue Kurzarbeit gelten?
 
MaHRER: Ab Mitte/Ende September. Wichtig ist, dass die Betriebe Planungssicherheit erhalten: ob und wie neue Kurzarbeit kommt und unter welchen Bedingungen.
 
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zur Forderung nach genereller Arbeitszeitverkürzung, Stichwort 4-Tage-Woche?
 
Mahrer: Das lehne ich strikt ab. Zum einen, weil es sich nicht rechnet: Nach der Förderphase müssen die Betriebe das selber zahlen und sind nicht mehr konkurrenzfähig. Außerdem erhöht eine kürzere Arbeitszeit den Druck. Und drittens wäre eine Arbeitszeitverkürzung ein Turbo für den Pfusch. Viele, die im Job dann weniger verdienen, weil sie kürzer arbeiten, würden sich die Einbußen durch Schwarzarbeit in der Freizeit zurückholen. Der Experte Professor Schneider von der Uni Linz hat Anfang des Jahres das Pfusch-Volumen in Österreich für heuer mit 22,9 Mrd. Euro beziffert. Zuletzt rechnete er schon mit 24,7 Mrd., wobei er von einem BIP-Einbruch um 5 %ausging. Mittlerweile wissen wir, dass der BIP-Rückgang wohl mindestens 7 %betragen wird. Jedenfalls steigt der Pfusch heuer schon um mindestens 2 Mrd. Euro -bei Arbeitszeitverkürzung wäre es noch mehr.
 
ÖSTERREICH: Wie sehen die Betriebe das vorgebrachte Modell der 4-Tage-Woche?
 
Mahrer: Wir haben eine aktuelle Umfrage, in der 68% der befragten Betriebe bestätigen, dass sie wegen des vorgeschlagenen Modells aus dem Elfenbeinturm sicher keine neuen Mitarbeiter einstellen würden. Das Modell wäre damit zur Schaffung neuer Arbeitsplätze vollkommen sinnlos. Dann haben wir uns angesehen, wie es mit der Wertschöpfung aussieht. Würde die Arbeitszeitreduktion ab 2020 eingeführt werden, gingen über 3 Jahre rund 81,3 Mrd. Euro an Wertschöpfung verloren. Das können wir uns nicht leisten. Das Modell ist nicht nur ein Job-Killer, sondern eine sozialistische Sackgassenidee für den Standort.
 
ÖSTERREICH: Es gibt aber Betriebe, die mit einer 4-Tage-Woche sehr gut fahren ...
 
Mahrer: Wenn auf Betriebsebene vereinbart wird, die Arbeitszeit so zu flexibilisieren, ist das in ordnung. Wird aber in Summe weniger gearbeitet, kann es nie vollen Lohnausgleich geben. Es kann auf alle Fälle kein österreichweites Modell sein und auch nicht branchenweit geregelt werden. Ein Rechtsanspruch für alle auf 80% Arbeit bei 90% Lohn wäre ein Job-Killer.
 
Das Interview führte Angela Sellner
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