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Neue EU-Schuldenregeln nicht vor Ende 2023

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Mit einer Einigung auf neue Schuldenregeln ist in der Europäischen Union nach Einschätzung von Mitgliedern der Europaparlaments und Vertretern der Eurozone heuer kaum noch zu rechnen.

Selbst wenn die EU-Kommission ihre Ankündigung umsetze und bis Juni Vorschläge für eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakt vorlege, sei ein halbes Jahr für die Gesetzgebung zu kurz, sagte der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber.

"Sie sollten damit rechnen, dass der Gesetzgebungsprozess mindestens ein Jahr dauert, wahrscheinlich länger", sagte Ferber. Ein hochrangiger Beamter der Euro-Zone teilte diese Einschätzung: "Ich sehe frühestens Ende 2023 eine Einigung."

Zwickmühle

Damit bliebe die EU für das kommende Jahr in der Zwickmühle, welche Budgetregeln gelten, um die in der Corona-Pandemie in die Höhe geschossenen Ausgaben vorsichtig wieder zu senken. Üblicherweise gibt der Stabilitätspakt den Mitgliedsländern die Regeln vor. Eine Begrenzung der staatlichen Kreditaufnahme soll den Wert des gemeinsamen Euro von 19 Ländern schützen.

Doch die Regeln sind seit 2020 ausgesetzt, um den Regierungen Spielraum zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu geben. Da das Wachstum nun wieder auf Kurs ist, sollten sie ab Anfang 2023 wieder eingeführt werden. Allerdings werden Änderungen diskutiert, um der hohen Verschuldung nach der Pandemie und der Notwendigkeit enormer Investitionen zur Bekämpfung des Klimawandels Rechnung zu tragen.

Unterstützungen sollen weniger werden

Der irisische Finanzminister und Euro-Gruppen Chef Paschal Donohoe machte jüngst deutlich, dass die Unterstützung der Wirtschaft zurückgefahren werden sollte - ob mit oder ohne neuen Regeln. Es sei naheliegend, dass das Niveau der fiskalischen Unterstützung niedriger sein werde als derzeit, sagte Donohoe am Mittwoch. "Dies ist die Logik der Fiskalregeln und ergibt Sinn, wenn sich die Erholung in einem fortgeschritteneren Stadium befindet."

Die Überarbeitung der Fiskalregeln zielt darauf ab, ein neues System einzurichten, das den EU-Regierungen einen realistischen Weg zum Schuldenabbau bieten würde. Die aktuelle Schuldenregel gilt als zu ambitioniert für Länder wie Griechenland oder Italien, die mit einem Schuldenberg von mehr als 200 Prozent oder fast 160 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung zu kämpfen haben. Der Stabilitätspakt gibt als Obergrenze für das jährliche Etatdefizit drei Prozent sowie als Zielmarke für die Gesamtverschuldung 60 Prozent der Wirtschaftsleistung vor.

"Green Investments" sollen die Zukunft sein

Der Stabilitätspakt trifft auch keine Vorkehrungen für Investitionen, die erforderlich sind, um die Kohlendioxid-Emissionen bis 2050 auf Netto-Null zu senken und die schwersten Auswirkungen des Klimawandels abzumildern. Die Kommission schätzt den Bedarf fürs nächste Jahrzehnt auf jährlich mehr als eine halbe Billion Euro an privaten und öffentlichen Geldern.

Diskutiert wird daher die Überlegung, sogenannte grüne staatliche Investitionen aus der Drei-Prozent-Vorgabe für das maximal zulässige Budgetdefizit auszuklammern. Aber EU-Beamte sind skeptisch. Es sei sehr schwierig, sich darauf zu einigen, was "grüne" Investitionen wären. Die Debatte über die Taxonomie, also den Leitfaden für nachhaltige Investitionen, habe allen die tiefen Meinungsverschiedenheiten gerade erst vor Augen geführt.

Anfang März wird die EU-Kommission möglicherweise einen Vorgeschmack darauf geben, wie aus ihrer Sicht das Problem mit den Fiskalregeln gelöst werden könnte - dann wird sie mitteilen, nach welchen Kriterien die Regierungen ihre Etats für 2023 planen sollten. "Ich glaube nicht, dass es Übergangsregeln geben wird", sagte ein hochrangiger Vertreter der Eurozone. "Was wäre der Sinn? Sich darauf zu einigen, wäre genauso kompliziert wie die Zustimmung zu einer Reform selbst."
 

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